Mittwoch, 10. August 2022 - Dienstag, 16. August 2022
Beifuß (Artemisia)
Hopfen (Humulus - Cannabaceae)
Traubenkraut (Ambrosia)
Ampfer (Rumex)
Brennnesselgewächse (Urticaceae)
Gänsefußgewächse (Amaranthaceae/Chenopodiaceae)
Gräser (Poaceae)
Wegerich (Plantago)
Viel Sonnenschein, viel Beifußpollen – Höhepunkt der Kräuterpollensaison wird überschritten.
Weiterhin kennt der Sommer nur kurze Pausen. Erfrischungen in Form von Regen blieben in den zurückliegenden Tagen die Ausnahme. Bei viel Sonnenschein und guten Pollenflugbedingungen stand vor allem der Beifuß im Fokus der Allergiebetroffenen und lieferte entsprechend der Vorhersagen vor allem im Norden und Osten des Landes laufend anwachsende Pollenladungen ab, die dann sehr häufig die hohe Belastungsschwelle überschritten. Im Süden und Westen war auch schon mal bei der niedrigen Belastungsschwelle Schluss, vor allem in waldreichen Gebirgsgegenden. Hopfenpollen huschten ebenfalls häufiger umher, die jährlichen Höchststände bereits im Blick. Aber weder beim Beifuß noch beim Hopfen (bzw. den Hanfgewächsen) wuchsen die Pollenkonzentrationen in den Himmel. Da lieferten die Brennnesselgewächse und im Frühjahr die Baumpollen ganz andere Größenordnungen an Pollen ab. So kann beispielsweise die Birke an einem einzigen Tag locker das Fünf- bis Zehnfache der Jahrespollensumme des Beifußes aufbringen. Und auch die Brennnesselgewächse sind mit ihren Pollen über Wochen hinweg deutlich präsenter als die Pollen von Beifuß und Hopfen zu ihren Bestzeiten. In den letzten Tagen war bei den Brennnesselgewächsen ordentlich was los – keine Rekorde zwar, aber immerhin ein Herumstreichen um die Gipfel der saisonalen Höchststände. Selbiges gilt für die allergenen Sporen von Alternaria und Cladosporium. Hohe Sporenkonzentrationen, die deutliche Symptome bei den Betroffenen ausgelöst haben können, waren in den landwirtschaftlich geprägten Regionen an der Tagesordnung.
Der schier endlos scheinende Dürresommer setz sich aller Voraussicht nach auch hin den kommenden Tagen fort, bei zunächst weiter ansteigenden Temperaturen. Für Pollen- und Sporenflug herrschen damit beste Voraussetzungen, für die meisten Pflanzen ist und bleibt die Lage dagegen desaströs.
Der Beifuß (Artemisia) zeigt sich hitzebeständig und wird bei Sonne satt in allen Regionen in den kommenden Tagen den Höhepunkt seiner Saison überschreiten. Die Pollenkonzentrationen können also gegenüber der Vorwoche sogar noch etwas ansteigen. So werden besonders im Norden und Osten Deutschlands mehrere Tage hintereinander weithin hohe Pollenbelastungen erreicht! In waldreichen Gebirgslandschaften ist Beifußpollen dagegen auch jetzt nur schwach bis mäßig vertreten bzw. bleiben hohe Belastungen ein lokales Phänomen größerer Beifußbestände, beispielsweise entlang von Flussläufen oder auf Brachflächen. Ansonsten sind im Süden und Westen mittlere Pollenkonzentrationen grundsätzlich häufig, ebenfalls mit gebietsweise stärkeren Ausschlägen nach oben in Beifuß-geprägter Gegenden. Häufig konzentriert sich der Beifußpollenflug und damit die Zeit der größten Belastungen auf die Morgen- und Vormittagsstunden, während die Abendstunden Allergiker-freundlicher daherkommen. Als ruderale Arten siedeln die beiden häufigsten Vertreter des heimischen Beifußes, der Gemeine Beifuß (Artemisia vulgaris) und der Feld-Beifuß (A. campestris), häufig in Unkrautfluren, Ackerbrachen, Abraumhalden oder Feld-, Weg-, Wald- und Gewässerrändern, sowohl auf dem Land als auch inmitten großer Städte.
Das dem Beifuß ähnlich sehende Traubenkraut (lat. Ambrosia) blüht nun ebenfalls immer verbreiteter. Ausgedehnte Belastungen beschränken sich allerdings nach wie vor auf die Befallsgebiete dieses unerwünschten Neubürgers, die sich innerhalb Deutschlands auf das südöstliche Brandenburg (Lausitz) konzentrieren. Dort sind und bleiben die Belastung durch Ambrosiapollen verbreitet hoch. Den umliegenden Gebieten können ebenfalls Ambrosiapollen aus der Lausitz zufliegen, wodurch dort geringer bis mäßiger Ambrosiapollenflug möglich ist. Ansonsten gilt, was auch in der Vorwoche bereits galt: Im Rest des Landes keine flächige Belastungssituation aufgrund der zerstreuten Vorkommen dieser Art. Meist sind Ambrosiapollen sporadisch im Luftstaub vertreten und machen sich nur im Umfeld lokaler Bestände in der Luft wirklich bemerkbar. Diese lokalen Bestände sind besonders zahlreich in Bayern und Baden-Württemberg, im Umfeld des Rheins und stellenweise in Norddeutschland zu finden, häufig entlang von Straßen und Autobahnen, sowie auf Erdlagern.
Bei den Brennnesselgewächsen (Urticaceae) ist der Höhepunkt der Saison im Wesentlichen erreicht. Kleinere Zuwächse sind hier und da noch möglich, anderswo liegen die Höchststände aber auch schon hinter uns. So oder so machen sich bei den vorherrschend ausgezeichneten Pollenflugbedingungen reichlich Pollen von Brennnessel (Urtica) und regional auch Glaskraut (Parietaria) auf den Weg, so dass hohe Pollenkonzentrationen im größten Teil des Landes in den kommenden Tagen zum „guten Ton“ gehören. Sensibilisierungen gegen Brennnesselpollen sind möglich, allerdings gilt vor allem der Pollen des Glaskrauts als allergen. Dieses ist ein Besiedler der Mittelmeerregion und kommt dementsprechend gut mit den fortschreitend mittelmeerähnlichen Witterungsbedingungen hierzulande zurecht.
Auch die Hanfgewächsen (Cannabaceae) erreichen in den kommenden Tagen mit dem nahen Höhepunkt der Hopfenblüte (Humulus) das Maximum des Pollenflugs in Deutschland. Dabei sind gebietsweise Pollenkonzentrationen wie beim Beifuß zu erwarten. Lokal können durch die stark stäubenden Pflanzen sichtbare Pollenwolken in die Luft abgegeben werden, was man beim Beifuß regulär nicht zu sehen bekommt. Diesen Pollenwolken sollten sich Betroffene mit Verdacht auf eine Sensibilisierung gegen Hopfenpollen besser nicht aussetzten, da hier die Hintergrundbelastung an unseren Messstellen um ein Vielfaches übertroffen werden dürfte. Hopfenpollen wird hierzulande allergologisch wenig beachtet, gilt aber zumindest als potenziell allergen. In Südostasien wird häufig von Sensibilisierungen gegen Hopfenpollen berichtet. Hopfen bevorzugt feuchte, stickstoffreiche Weg-, Wald und Gebüsch-, sowie Gewässerränder, wo dann auch die Belastungsschwerpunkte zu erwarten sind.
Die Gänsefußgewächse (Chenopodiaceae/ Amaranthaceae) blühen ebenfalls weit verbreitet. Einen gut erkennbaren Höhepunkt im Pollenflug gibt es bei dieser Pflanzenfamilie nicht. Bereits seit mehreren Wochen und auch in der aktuellen Vorhersagewoche können die alljährlichen Maximalwerte beim Pollenflug auftreten. Die messbaren Konzentrationen in der Luft nehmen sich allerdings recht bescheiden aus und werden als gering bis vereinzelt mittel eingestuft, wobei die Umgebung größerer Bestände wiederum mit höheren Konzentrationen beglückt wird. Gänsefußgewächse können Allergiesymptome hervorgerufen. Diese sollten sich dementsprechend bei einer längeren Verweildauer in der unmittelbaren Umgebung blühender Pflanzen oder bei direktem Kontakt intensivieren. In Ländern des ariden Südens, z.B. im Nahen Osten, sind die dortigen Vertreter der Gänsefußgewächse wichtige Allergieauslöser. Der Pollenflug von Ampfer (Rumex) und Wegerich (Plantago) hält sich in den meisten Gebieten auf niedrigem Niveau. Damit runden sie das Bild windverbreiteter Kräuterpollen in der Luft ab.
Bei den Gräsern (Poaceae) ist kaum noch etwas los. Vieles ist verdorrt und eine Zweit- oder Nachblüte einiger Arten fällt sehr schwach aus. Daran ändert sich in den kommenden Tagen nichts. Es ist nicht ausgeschlossen, dass spätblühende Arten, wozu auch viele (häufig bewässerte) dekorative Gräserarten gehören, mit ihren Pollen punktuell für zumeist leichte Reizungen sorgen, die jedoch mit zunehmender Entfernung zur Pollenquelle rasch verschwinden dürften. Beim Kulturgras Mais (Zea mays) endet die Blüte. Letzte blühende Pflanzen im Norden oder in höher gelegenen Gegenden machen den Kohl auch nicht mehr fett. Der Pollenflug wird selbst in der Nähe zu den Ackerschlägen unbedeutend.
Zu den oben genannten Pollentypen gesellen sich einige Restpollen von Esskastanie (Castanea), Pollen von spätblühenden, fremdländischen Lindenarten, wie der Henrys Linde (Tilia henryana) und ein paar Pollen der Zypressengewächse (Cupressaceae). Eine große Anzahl insektenbestäubter Kräuter blüht. Daher können sporadisch Pollen von z.B. Natternkopf (Echium), diversen Korbblütlern (Asteraceae), Hahnenfußgewächsen (Ranunculaceae), Doldenblütlern (Apiaceae) und anderen Pflanzenfamilien in unseren Pollenflugmessgeräten und auch überall sonst auftauchen. Deren allergene Relevanz ist aufgrund der sehr geringen Pollenzahl in der Luft in den meisten Fällen unbedeutend.
Der Sporenflug geht weiter und die Sporenkonzentrationen der allergologisch bedeutsamen Typen Alternaria und Cladosporium können sich unter großen täglichen Schwankungen immer noch bis in den Bereich der jährlichen Spitzenwerte vorarbeiten. Somit ist damit zu rechnen, dass die, in der Fachliteratur vorgeschlagenen Sporentyp-spezifischen Schwellenwerte der Sporenkonzentrationen, bei denen Allergiesymptome bei den Betroffenen wahrscheinlich sind, insbesondere in Norddeutschland und in anderen landwirtschaftlich geprägten Regionen vielfach erreicht oder sogar (weit) überschritten werden. Auch die Sporen von Epicoccum sind regelmäßig in mäßiger Zahl in der Luft. Zahlreiche weitere, potentiell allergologisch bedeutsame Sporentypen sind ebenfalls Bestandteil des Luftstaubs, werden allerdings von unseren Messstellen nicht systematisch erfasst.
Matthias Werchan, 10.08.2022
*** Wir danken der Allergopharma GmbH & Co. KG, der AstraZeneca GmbH und der GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG für das Sponsoring dieser Wochenpollenvorhersage. ***
Tägliche Pollenbelastungsvorhersagen der Gräser, des Beifußes und des Traubenkrauts (Ambrosia) für Deutschland finden Siehier.
Tägliche Pollenkonzentrationsvorhersagen der Gräser und des Traubenkrauts (Ambrosia) in der Luft in Europa finden Siehier.
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