Immer mehr Gräserpollen werden flügge, Kieferpollen sorgen weiterhin für „Schwefelregen“.
Schier endlos schien in den zurückliegenden Tagen bis Wochen die zur Verfügung stehende Zahl an Pollen. In warmer, teils sommerlicher Luft drängten sich die Pollen förmlich in der Luft. Dabei gaben sich Birken-, Rotbuchen- Eichen-, Fichten- und Kiefernpollen die Klinke in die Hand und verstaubten nacheinander die Landschaft. Das sorgte auch in den Medien für Widerhall. Insbesondere das Durchstarten von Fichte und Kiefer fiel vielen Menschen auf, da deren Pollen aufgrund ihrer Größe und der großen Pollenmenge in der Luft in diesem Jahr deutlich präsenter waren. Nicht nur Allergiker belastete die staubhaltige Luft, auch die Atemwege und Schleimhäute von Nichtallergikern können durch die Partikelschwemme gereizt worden sein. Die wenigen Regenfälle sorgten dabei nur für kurze Dämpfer. Neben den Baumpollen waren auch Gräser- und erste Getreidepollen im Umlauf, wobei im Westen und Südwesten bei den Gräsern regional bereits die hohe Belastungsschwelle erreicht wurde bei stark steigender Tendenz. Im Osten und Norden blieben Gräserpollen noch mehrheitlich in ihren Depots, schwache bis mäßige Belastungen gab es zuletzt allerdings schon an allen Messstellen. Daneben gab es leichten Kräuterpollenflug (vorwiegend Ampfer, Wegerich und Raps) und mal mehr mal weniger Pollen von Rosskastanie, Walnuss, Platane, Weide und Holunder. Selbst einzelne Olivenpollen aus dem Mittelmeerraum konnten nachgewiesen werden.
In den kommenden Tagen geht die Baumpollensaison mit ihrer Masse an Pollen in vielen Regionen, vor allem im Süden und Westen, mit einem Knall, aka erst Hitze und dann kräftige Gewitter, zu Ende. Dafür gewinnen andere Pollenarten in der Luft weiter an Zulauf und streben ihren saisonalen Konzentrationsgipfeln entgegen.
Wichtigster allergener Pollen der kommenden Tage wird Gräserpollen (Poaceae). Die warme Maisonne hat für einen Entwicklungsschub bei den Gräsern gesorgt und immer mehr Arten erreichen derzeit Blühbereitschaft. Somit sind Gräserpollenallergiker im Westen und Süden an trockenen Tagen bereits sehr verbreitet mit hohen Gräserpollenbelastungen konfrontiert, die lokal in Richtung saisonaler Belastungsspitzen reichen – insbesondere dort wo Wiesen ausgelassen blühen können, weniger, wo bereits gemäht wurde. Die prognostizierte Gewitterlage zu Beginn des aktuellen Vorhersagezeitraums (Donnerstag und Freitag) stellt erstmalig in diesem Jahr ein potenzielles Ereignis für das Auftreten von Gewitterasthma besonders in den südlichen und westlichen Landesteilen dar. Durchziehende Gewittern können in Verbindung mit hohen Gräserpollenkonzentrationen Allergiesymptome und Symptome des allergischen Asthmas kurzzeitig deutlich intensivieren, und zwar auch und insbesondere dann noch, wenn bereits die ersten Tropfen fallen. Daher bitte erst Wohnung oder Büro lüften, wenn der Regen wenigstens 10-15 min angehalten hat. Erst ab diesem Zeitpunkt ist die Luft weitgehend pollen- und allergenfrei. Von solchen möglichen Erscheinungen bleiben der Osten und Norden Deutschlands in den kommenden Tagen verschont, vor allem, da sich die Pollenkonzentrationen dort erst allmählich an das hohe Belastungsniveau herantasten (meist wird ein mittleres Level erreicht) und zusätzlich da die Gewitterneigung weniger ausgeprägt ist. Neben der Fülle an blühenden Wildgräsern nehmen in den kommenden Tagen auch die Kulturgräser, insbesondere der Roggen (Secale), am „Liebesspiel“ der Süßgräser teil. In den nächsten Tagen erfasst die Blüte des Roggens (und weiterer Kulturgräser) rasch weite Landesteile und erreicht auch das östliche Deutschland. Damit einher geht eine zusätzliche Belastung der Gräserpollenallergiker im Umfeld blühender Felder. Vorne dabei sind beim Roggenanbau und Roggenpollenflug insbesondere Brandenburg, Meck-Pomm und Niedersachsen. Waldreiche Gegenden haben dagegen kaum mit Pollen dieser Marke zu kämpfen.
Neben den Gräsern gedeihen und blühen in steigendem Umfang die Kräuter der Wiesen, Weiden und Wegränder. Zu den wenigen Windbestäubern, die jetzt aktiv sind, zählen Ampfer (Rumex) und Wegerich (Plantago). Der Pollenflug der beiden Gattungen wird dabei in der Fläche nicht besonders groß, pendelt sich jetzt zuerst im Westen und Süden auf einem mehrheitlich schwachen Niveau ein. Im Osten und Norden, sowie im Bergland ist aufgrund des phänologischen Rückstands in den kommenden Tagen sogar noch weniger los. Nur auf Grünland mit größeren Beständen von Wegerich stehen möglicherweise genügend Pollen bereit, um Probleme zu machen, die dann vor allem Gräserpollenallergiker über Kreuzreaktionen betreffen können. Noch schwach und allergologisch unbedeutend ist in den nächsten Tagen der Flug von Pollen der Brennnesselgewächse (Urticaceae). Blühende Brennnesseln (Urtica) oder Glaskräuter (Parietaria) lassen sich zwar schon aufspüren, das Gros der Pflanzen ist allerdings noch in der Wachstumsphase und die Blüten geschlossen.
Die Warnungen vor Belastungen durch Birkenpollen (Betula) können von jetzt an für die nächsten 10 Monate pausieren. So befinden sich in den kommenden Tagen nur noch sehr wenige Birkenpollen in der Luft. Selbst empfindliche Nasen dürften kaum noch gereizt werden und selbst in den Hochlagen der Berge endet die Saison. Auch Rotbuche (Fagus) und Eiche (Quercus) beenden allmählich ihren Dienst. Nur im Küstenumfeld und in einigen Bergregionen blühen noch Eichen und nachzügelnde Buchen und verursachen stellweise noch hohe Eichen- und mittlere Buchenpollenbelastungen. Im größten Teil des Landes ist der Buchenpollenflug beendet und auch die Eichenpollenkonzentrationen sind auf wenige Prozent ihrer vormals erreichten Höchststände zusammengesackt mit weiter abnehmender Tendenz. Mittlere Belastungen sind anfangs besonders im Osten und in der Landesmitte möglich, später wird es auch dafür kaum noch reichen.
Der bombastische Pollenflug von Fichte (Picea) Kiefer (Pinus) hat bereits für einiges Aufsehen gesorgt und bei unserer Stiftung zu mehr oder weniger besorgten Anfragen geführt. In der Tat kommen diese Pollenmengen nicht jedes Jahr zustande, sondern in unregelmäßigen Abständen von einigen Jahren. Die vielerorts sichtbaren gelben Ablagerungen des sogenannten „Schwefelregens“ sind für Allergiker meist harmlos, führen aber in ihrer schieren Menge manchmal zu gereizten Schleimhäuten und Fremdkörpergefühlen. Die Invasion der Fichtenpollen ebbt in den Tieflagen bis zum Ende dieser Vorhersageperiode bereits deutlich ab und zieht sich in die höheren Berglagen zurück. Fichtenpollen wird also in den kommenden Tagen eher lokal eine (bedeutsame) Rolle spielen, ansonsten kaum noch nennenswert auffallen. Bei der Kiefer geht das Spiel dagegen in die nächste Runde, oder beginnt aktuell erst, wie im Norden des Landes. Dabei kann an trockenen Tagen ebenfalls eine verschwenderische Zahl an Pollen die Luft trüben, insbesondere in Brandenburg/Berlin und in einigen waldreichen Gebirgsgegenden mit Kiefernbesatz. Mit Ostwind werden Kiefernpollen leicht in andere Landesteile verfrachtet und zuckern dort ebenfalls Autos und Gartenmöbel an. An einzelnen Tagen können die messbaren Pollenkonzentrationen der Kiefer höher sein als alles, was bisher in dieser Saison in der Luft war, womit dann wohl für dieses Jahr das sprichwörtliche Ende der Fahnenstange beim Pollenflug erreicht ist.
Die Blüte der Platane (Platanus) hatte dieses Jahr an vielen Orten weniger Kraft als „üblich“ und läuft aktuell aus. Nur noch wenige Platanenpollen werden in den nächsten Tagen überhaupt in der Luft sein, am ehesten im äußersten Norden und Nordwesten mit stellenweise (in Ortschaften) mittleren Pollenkonzentrationen. Die weißen und rosa Blütenblätter der Rosskastanie (Aesculus) werden durch die hohen Temperaturen förmlich „gegrillt“ und fallen in den meisten Landesteilen bereits seit Tagen wie Schneeflocken zu Boden, womit auch der Pollenflug endet. Im Norden und Nordosten sowie in den kühleren Ecken von Ostbayern dürfte es noch eine gute Woche dauern, bis die Kastanienblüte endet. Damit sind hier weiterhin schwache bis mittlere Belastungen mit Kastanienpollen möglich.
Auch Rapspollen (Brassica) machen sich im Westen und Süden bereits rar, die Blütezeit endet. Weiter nach Ost und Norden ist Rapspollenflug in den kommenden Tagen noch einzukalkulieren, wobei vereinzelt durchaus mittlere Pollenkonzentrationen erreicht werden. Allergiker, die auf Pollen der Kreuzblütler (Brassicaceae) allergisch reagieren, sollten sich nicht zu dicht an die weithin sichtbaren Felder heranwagen, da die Pollenkonzentrationen zu den Feldern hin am höchsten sind. In geschlossen Waldgebieten und innerhalb großer Städte kommen meistenteils nur wenige Rapspollen an und Beschwerden sollten ausbleiben.
Das warme Frühsommerwetter hat die cremeweißen Holunderblüten (Sambucus) in den vergangenen Tagen hervorgelockt. An immer mehr Orten stehen die Holunderbüsche bereits in voller Blühmontur. Ausnahme bilden wie so oft die nördlichen und östlichen Landesteile. Hier beginnt die Blüte erst allmählich. Somit ist Holunderpollen vor allem in den tieferen Lagen des Westens, Südens und der Landesmitte ein Bestandteil des Luftstaubs. Der in der Fläche meist schwache Pollenflug kann im Umfeld blühender Büsche bis auf ein hohes Niveau ansteigen. Ein geringer Anteil von Heuschnupflern reagiert auf Holunderpollen und entwickelt Allergiesymptome. In diesem Fall besser einen größeren Bogen um die Pflanzen machen. Alle anderen können den süßlichen Blütenduft bei Bedarf aus der Nähe genießen.
Zu den oben genannten Pollentypen kommen einzelne Pollen von Ahorn (Acer), Blumen-Esche (Fraxinus), Esskastanie (Castanea), Linde (Tilia), Maulbeerbaum (Morus), von Heidekrautgewächsen (Ericaceae), Liguster (Ligustrum), Mädesüß (Filipendula), Robinie (Robinia), Rosengewächsen (Rosaceae), Sauergräsern (Cyperaceae), Spierstrauch (Spirea), Tanne (Abies), Walnuss (Juglans), Weide (Salix) und Zypressengewächsen (Cupressaceae). Die Erle (Alnus) erlebt in Kürze ein kleines Comeback im Alpenraum mit der Blüte der Grünerle (A. viridis), womit der Erlenpollenflug dort lokal zu spürbaren Belastungen führen kann (Gebirgsurlauber aufgepasst!). Mittelmeerurlauber mit Eschenpollenallergie sollten sich dort auf mäßigen bis starken Olivenpollenflug (Olea) einstellen, der häufig zu Kreuzreaktionen bei Eschenpollenallergikern führt. Starke südliche Winde tragen Olivenpollen in den kommenden Tagen hin und wieder bis nach Deutschland. Vereinzelt treten weitere Kräuterpollen von Doldenblütlern (Apiaceae) und Korbblütlern (Asteraceae), speziell vom Löwenzahn (Taraxacum) auf.
Der Sporenflug allergener Schimmelpilzsporengattungen wie Alternaria und Cladosporium erzeugt bisher noch keine Belastungssituation, entfernt sich allerdings allmählich von der Nulllinie.
Matthias Werchan, 18.05.2022
*** Wir danken der Allergopharma GmbH & Co. KG und der GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG für das Sponsoring dieser Wochenpollenvorhersage. ***
Tägliche Pollenbelastungsvorhersagen der Birke, der Gräser und des Roggens für Deutschland finden Siehier.
Tägliche Pollenkonzentrationsvorhersagen der Birke, der Gräser und der Olive in der Luft in Europa finden Siehier.
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