Mittwoch, 04. August 2021 - Dienstag, 10. August 2021
Beifuß (Artemisia)
Gänsefußgewächse (Amaranthaceae/Chenopodiaceae)
Hopfen (Humulus - Cannabaceae)
Traubenkraut (Ambrosia)
Ampfer (Rumex)
Brennnesselgewächse (Urticaceae)
Gräser (Poaceae)
Wegerich (Plantago)
Kräuterpollen haben Konjunktur – Beifuß vor saisonalen Spitzenwerten.
Das Attribut „Hochsommer“ konnten sich die vergangenen Tage nur selten zuschreiben. Vor allem im Süden, Westen und Nordwesten kamen zu den gedämpften Temperaturen immer wieder kräftige Regengüsse, die einem übermäßigen Pollen- und Sporenflug vehement entgegenwirkten. Der Beginn der Hauptblütezeit des Beifußes machte sich dennoch in ansteigenden Belastungen bemerkbar, wobei auch mal das hohe Belastungslevel erreicht wurde, vor allem in einem Streifen von der Mitte in den Nordosten. Der Pollen der Brennnesselgewächse war und blieb der dominante Pollen in der Luft, flog abseits der Regengebiete in meist hoher Konzentration in etwa auf dem Niveau der Vorwoche. Die Gräserfraktion erhielt zwar Unterstützung durch die blühenden Maisfelder, blieb aber dennoch „schwach auf der Brust“, was angesichts der fortgeschrittenen Gräserpollensaison nicht überrascht. An guten Tagen erreichten die Gräser noch ein mittleres Belastungslevel, insgesamt sind die Pollenkonzentrationen aber bereits um 90-95 % niedriger als während der Zeit der Saisonspitzen im Juni. Stark präsentierte sich trotz der Bescheidenheit des Sommers der Sporenflug von Alternaria. An trockenen Tagen vermeldeten vor allem in der ersten Hälfte der zurückliegenden Vorhersageperiode viele Messstellen aus allen Landesteilen neue saisonale Höchststände beim Alternaria-Sporenflug. Cladosporium-Sporen erreichten keine neuen Höchststände, die Warnschwelle wurde aber häufig erreicht und überschritten.
Da sich die eher schwache Hochsommerperformance zunächst einmal fortsetzt, können zumindest zeitweilige Entlastungen beim Pollen- und Sporenflug einkalkuliert werden. An trockenen und sonnigeren Tagen erleben die Kräuter im wahrsten Sinne des Wortes ihre Blütezeit.
Die „Show“ bei den klassischen allergenen Pollen übernehmen in den kommenden sieben Tagen die Pollen des Beifußes (Artemisia). Der saisonale Höhepunkt des Beifußpollenflugs könnte sich (sofern das Wetter mitspielt) an einem der nächsten Tage ereignen. Möglich sind verbreitet hohe Pollenkonzentrationen, mit den höchsten Werten im Norden, Osten und Nordosten! Beifuß wächst häufig auf ungepflegten oder brachgefallenen Flächen, an Weg- und Grabenrändern, auf Baustellen und entlang von Bahndämmen. Diese Orte sollten Betroffene möglichst meiden, da die Belastungen besonders im Umfeld ausgedehnter Beifußbestände um Größenordnungen höher sein können als „ein paar Straßen weiter“. Häufig konzentriert sich zudem der Beifußpollenflug und damit die größten Belastungen auf die Zeit der Morgen- und Vormittagsstunden, während die Abendstunden Allergiker-freundlicher daherkommen.
Das aus Nordamerika eingeschleppte Traubenkraut (lat. Ambrosia) ist dem Beifuß äußerlich und allergologisch betrachtet recht ähnlich. Seine Pollenproduktion ist jedoch enorm und es besiedelt neben den Standorten, die der Beifuß bevorzugt, zusätzlich noch bewirtschaftete Agrarflächen mit später Aussaat (Sommerkulturen), wie Sonnenblumen- oder Hackfruchtäcker. Sobald sich die Art (meist A. artemisiifolia) in einem Gebiet weiträumig etabliert hat, kann der Pollenflug der Ambrosia denjenigen der Schwesternpflanze bei weitem übersteigen. In Deutschland betrifft dies bisher vor allem das südöstliche und südliche Brandenburg von der Niederlausitz bis zum Spreewald. Aber auch um München herum und aus Teilen des Ruhrgebiets sind größere Bestände bekannt. Die Blütezeit der Ambrosia hat in Süd- und Südosteuropa bereits begonnen. Auch hierzulande ist an den Blühschwerpunkten bereits etwas Ambrosiapollen in der Luft, in der Tendenz ansteigend. Bis zum Höhepunkt der Blüte dauert es aber noch, manchmal bis zum Septemberbeginn.
Andere Kräuterpollen mit weniger starkem bzw. weniger bekanntem Allergiehintergrund blühen ebenfalls. Dazu gehören die Pollen der Gänsefußgewächse (Chenopodiaceae/Amaranthaceae), die in kleinen Mengen freigesetzt werden, sich aber punktuell in der Nähe größerer Pollenquellen zu einer allergologisch bedeutsamen Menge verdichten. Diese Pollenquellen entstehen häufig auf Brachflächen, temporären Erdablagerungen, Wegrändern oder ungenügend gepflegten Grünstreifen. Insbesondere in ariden Gebieten (z.B. Südeuropa, Mittlerer Osten) spielen Allergien gegen Gänsefußgewächse eine nicht unerhebliche Rolle. Zu dieser Zeit des Jahres (August) ist bei uns die Wahrscheinlichkeit am höchsten mit den Pollen dieser Pflanzenfamilie in Kontakt zu kommen, wobei auch in den nächsten Tagen auf die Fläche gesehen höchstens noch eine geringe Zunahme der Pollenkonzentrationen zu erwarten ist auf ein maximal mittleres Belastungsniveau.
Die Brennnesselgewächse (Urticaceae) blühen weiterhin, wobei deren Pollen überall tonangebend im Luftstaub vertreten sind. Bei gutem Pollenflugwetter können durchaus wieder die hohen Konzentrationen der Vorwoche erreicht werden. Saisonale Spitzenwerte sind hier und da nicht ausgeschlossen. Brennnesseln (Urtica) gedeihen landauf, landab an nahezu jeder Ecke, die ebenfalls zu den Brennnesselgewächsen gehörenden Glaskräuter (Parietaria) suchen sich dagegen bevorzugt warme Innenstädte oder andere wärmebegünstigte Orte zum Wachsen aus. Der Anteil der als (im Mittelmeerraum besonders) allergen geltenden Glaskrautpollen in der Luft kann allerdings nur vage anhand der Größe der Vorkommen geschätzt werden. Eine Differenzierbarkeit zwischen Glaskraut- und Brennnesselpollen ist unter dem Mikroskop nicht möglich.
Die beiden Grünlandbegleiter Ampfer (Rumex) und Wegerich (Plantago) sind auch jetzt im beginnenden Spätsommer im Tiefland wie im Bergland mehr oder weniger gleichbleibend aktiv. Blüten werden nach einer Mahd schnell wieder neu gebildet, sodass die Pollenkonzentrationen unter Schwankungen flächig in etwa zwischen schwach und mäßig liegen. Auf üppig blühenden Wiesen kann die Zahl der Wegerichpollen die Zahl der Gräserpollen (deutlich) übersteigen. Da sich Wegerichpollen kreuzreaktiv zur Gräserpollen verhält, ist hierbei von einer gewissen Relevanz des Wegerich-Pollenflugs für Gräserpollenallergiker auszugehen. Die Rolle von Ampferpollen am Allergiegeschehen ist schwierig zu beurteilen, wird, falls vorhanden, wahrscheinlich häufig ebenfalls einer Gräserpollenallergie zugeschrieben.
An wärmeren Standorten hat die Blüte des Hopfens (Humulus) begonnen und damit schwacher oder sporadischer Pollenflug eingesetzt. Auch die optisch sehr ähnlichen Pollen des Hanfs (Cannabis) sind vertreten. Die beiden Gattungen Hopfen und Hanf bilden die beiden einzigen heimischen Vertreter der Hanfgewächse (Cannabaceae). Beide besitzen moderat allergenen Pollen. In den kommenden Tagen ist eine Intensivierung des Pollenflugs zu erwarten. Dort wo Hanf angebaut wird oder Hopfen in größerer Zahl wächst, z.B. entlang feuchter, stickstoffreicher Weg- und Waldränder, ist die Pollenzahl unter Umständen groß (bei Berührung können Pollenwolken entstehen), in der Fläche dagegen eher schwach bis mäßig, maximal auf dem Niveau der Beifußblüte, jedoch ohne das hohe allergologische Belastungspotential zu erreichen.
Die meisten Betroffenen, die auf Gräserpollen (Poaceae) reagieren, fühlen sich aufgrund der meist nur noch geringen Pollenkonzentrationen nicht mehr oder nur noch an bestimmten Orten betroffen. Daran wird sich für dieses Jahr nicht mehr viel ändern. Relativ gleichbleibend oder noch etwas nachlassend präsentiert sich der Gräserpollenflug in den kommenden sieben Tagen auf einem weiterhin geringen bis mäßigen Niveau. Symptome können auftreten etwa beim Durchqueren naturnaher Wiesen, mit einer größeren Blütenzahl von Arten in Zweit- oder Nachblüte, im direkten Umfeld spätblühender und/oder zur Dekoration angepflanzter Gräser, wie sie häufig in Siedlungsräumen vorkommen oder im Bereich blühender Maisfelder (Zea mays). Insbesondere vom Durchqueren dieser Felder ist abzuraten, da bei den großen Maispflanzen die Pollen in Kopfhöhe oder darüber freigesetzt werden und so ein direkter und unmittelbarer Kontakt mit deren Pollen möglich ist.
Weitere Pollentypen die aktuell in mengenmäßig kleiner, teils zunehmender, teils abnehmender Zahl messbar sein können, gehören zu diversen insektenbestäubten Kräuterfamilien, wie Doldenblütlern (Apiaceae), Hahnenfußgewächsen (Ranunculaceae), verschiedenen Korbblütlern (Asteraceae), oder Arten wie dem Natternkopf (Echium), diversen Labkräutern (Galium – Rubiaceae), Büschelschön (Phacelia), usw.). Daneben sind stellenweise noch etwas Linden- (Tilia) und Esskastanienpollen (Castanea) messbar, sowie vereinzelt Pollen der Zypressengewächse (Cupressaceae).
Nach wie vor läuft die Getreide- und Rapsernte. Dadurch werden immer wieder große Mengen an Schimmelpilzsporen in die Luft katapultiert und belasten die Betroffenen. Aufgrund der vielerorts nassen Böden und den nur kurzen Erntefenstern zwischen den Regenschauern zieht sich die Erntezeit dieses Jahr noch bis weit in den August hinein, insbesondere im Süden und Westen. Daher verbleibt der Flug allergener Sporen-Typen wie Alternaria, Cladosporium und Epicoccum an trockenen Tagen auf hohem Niveau, (deutlich) oberhalb der bekannten Warnschwellen. Neben den drei genannten Typen verbreiten sich derzeit viele weitere, potenziell allergische Arten von Pilzsporen durch die Luft, die jedoch von unseren Messstellen nicht systematisch erfasst werden.
Matthias Werchan, 04.08.2021
*** Wir danken der AstraZeneca GmbH und der GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG für das Sponsoring dieser Wochenpollenvorhersage. ***
Tägliche Pollenbelastungsvorhersagen der Gräser, des Beifußes und der Ambrosia für Deutschland finden Sie hier.
Tägliche Pollenkonzentrationsvorhersagen der Gräser und der Ambrosia in der Luft in Europa finden Sie hier.
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