Gräserpollen nicht mehr auf Platz 1 im Pollenspektrum.
Das meist hochdruckdomierte, trocken-warme Sommerwetter setzt sich mit kurzen Unterbrechungen beständig fort. Damit verschärfte sich die Trockenheit in vielen Regionen des Ostens, Nordens bis in die Mitte Deutschlands. Nicht nur auf Getreidefeldern haben die Landwirte deutliche Einbußen hinzunehmen, auch Grünland vertrocknet auf leichteren Böden stehend zu Heu. Die Gräserpollenkonzentrationen (Poaceae) der Luft bereiten daher in diesen Regionen immer weniger Allergikern Sorgen. Maximal mittlere, stellenweise auch nur noch geringe Belastungswerte gehen von den verbleibenden blühfähigen Pflanzen aus. Teilweise erinnert die Pollenflugsituation bereits an den Spätsommer. An den Orten/Regionen mit ausreichend Feuchtigkeit blühen weiterhin Gräser verschiedener Gattungen, wie Weidelgräser (Lolium), Reitgräser (Calamagrostis), Lieschgräser (Phleum), regional auch das Hundszahngras (Cynodon dactylon). Möglich sind auch Ferntransporte von Gräserpollen aus Nachbarregionen oder -ländern. Hohe Gräserpollenwerte können stellweise noch in höheren Berglagen oder an gutwüchsigen Grünlandstandorten auftreten, insbesondere an Mahdterminen. Vereinzelt können erste Maispollen (Zea mays) in der Nähe von Maisfeldern auftreten.
Die Blühbereitschaft beim wichtigsten Allergenträger des Sommers, dem Beifuß (Artemisia), ist bisher noch gering, so dass es nur lokal aber nicht flächendeckend zu geringen, im Verlauf der nächsten Tage auch mäßigen Belastungen kommt. Inwieweit sich die langanhaltende Trockenheit auf die Verfügbarkeit von Beifußpollen und später auch Ambrosiapollen (dt. Traubenkraut) auswirken wird, ist noch ungewiss. Bisher ließen sich innerhalb Deutschlands die höchsten Beifuß- und Ambrosiapollenkonzentrationen normalerweise eher im Osten und Nordosten des Landes messen, also dort, wo dieses Jahr auch der Wassermangel am ausgeprägtesten ist.
Sicherlich haben in den, besonders von Trockenheit betroffenen Gebieten, auch andere Kräuter, wie Ampfer (Rumex) und Wegerich (Plantago) derzeit einen schweren Stand, wodurch die Pollenbelastungen dann lokal geringer ausfallen können, als zu dieser Jahreszeit üblich. Im Großen und Ganzen sind aber kaum Veränderungen im Pollenflug auszumachen. Die Werte bewegen sich auch in den kommenden Tagen auf schwachem bis mäßigem Niveau. Wegerichpollen wird eine Kreuzreaktivität zu Gräserpollen zugeschrieben und kann daher entsprechend Sensibilisierte zusätzlich reizen.
Brennnesselpollen (Urtica) dominieren fortan an den allermeisten Messstationen die Pollenkomposition der Luft. Spitzenkonzentrationen wurden aber bisher noch nicht erreicht. Da Brennnesseln nahezu überall wachsen und deren Pollen sehr klein, leicht und damit mobil sind, verteilen sich diese mühelos weithin. Allergologisch sind Brennnesselpollen (bisher) wenig auffällig, was möglicherweise einer unzureichenden Allergie-Diagnostik geschuldet sein kann. Zur Familie der Brennnesselgewächse (Urticaceae) gehören auch die allergenen Glaskräuter (Parietaria). Diese spielen im Mittelmeergebiet eine wichtige Rolle am Allergiegeschehen, sind bei uns jedoch (noch) eher selten zu finden. Nichtsdestotrotz können sich auch hierzulande unter die Brennnesselpollen die mikroskopisch nicht unterscheidbaren allergen Glaskrautpollen mischen. Bestände des aufrechten Glaskrauts (Parietaria officinalis) finden sich beispielsweise in Berlin an Wegrändern am Stadtrand (siehe Foto).
Von den Kräutern streuen auch die Gänsefußgewächsen (Chenopodiaceae) Pollen in meist geringer Zahl in der Luft. Eine allergologische Relevanz besteht bei diesen wenigen Pollen meist nur in unmittelbarer Nachbarschaft größerer Gänsefuß- (Chenopodium) oder Meldenbestände (Atriplex), die häufig auf Brachflächen oder temporären Erdablagerungen gute Wachstumsbedingungen finden.
Stellenweise sind noch hin und wieder Esskastanienpollen (Castanea) unterwegs, meist mit dem Wind aus dem Süden nach Deutschland transportiert. Hin und wieder werden sedimentierte Pollen der zahlenmäßigen Hauptakteure der Baumpollensaison, wie Birke (Betula), Eiche (Quercus) Kiefer (Pinus) und Fichte (Picea) vom Boden aufgewirbelt und tauchen in geringer Zahl in unseren Messgeräten auf.
Ganz vereinzelt sind Pollen der Zypressengewächse (Cupressaeceae) messbar. Ebenso können hin und wieder wenige Pollen von Doldengewächsen (Apiaceae) und diversen insektenbestäubten Korbblütengewächsen (Asteraceae) gemessen werden.
Schimmelpilzsporen sind in der Außenluft bereits jetzt in großer Zahl gemessen worden. Es besteht insbesondere während der Getreideernte für Betroffene ein hohes Allergierisiko. Die Konzentrationen allergologisch bedeutsamer Gattungen wie Alternaria und Cladosporium können stellenweise noch weiter zunehmen. Allerdings mindert die Trockenheit auch den Befall der Pflanzen mit Schimmelpilzen, so dass die Absolutwerte in den Trockengebieten eventuell unter den Spitzenwerten vergangener Jahre bleiben könnten.
Tägliche Pollenbelastungsvorhersagen der Gräser und des Beifußes für Deutschland finden Sie hier.
Tägliche Pollenkonzentrationen der Gräser und des Beifußes in der Luft in Europa finden Sie hier.
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