Mittwoch, 18. September 2024 - Dienstag, 24. September 2024
Beifuß (Artemisia)
Gräser (Poaceae)
Traubenkraut (Ambrosia)
Brennnesselgewächse (Urticaceae)
Gänsefußgewächse (Amaranthaceae/Chenopodiaceae)
Altweibersommer gibt Pollen nochmals eine Chance – Ambrosia und Beifuß können profitieren.
Während der zurückliegenden Vorhersagewoche machte der Herbst witterungstechnisch enorme Fortschritte. Im Südosten (speziell im Alpenraum) suppte es tagelang richtig ein (Dauerregen), die höheren Berglagen erhielten ihre erste ordentliche Neuschneepackung und auch sonst darbten Spätsommerfreunde bei kühlen nördlichen Winden und Temperaturen deutlich unter 20 °C. Der Pollenflug pegelte sich entsprechend der Vorhersagen auf frühherbstlichem Niveau ein – selbst geringe Belastungen durch Ambrosia-, Beifuß- oder Gräserpollen traten nicht täglich und schon gar nicht im nasskalten Südosten auf. Damit ist die Geschichte allerdings nicht vorbei, denn die bereits gewonnene Ruhe störten seit gestern (Dienstag) von Osten und Nordosten nach Deutschland einfallende Ambrosia- und Beifußpollen (Ferntransport!). Damit einher gingen und gehen aktuell erneut ungewöhnlich hohe Pollenkonzentrationen. Gebietsweise, vor allem im Osten und Nordosten, sind die gemessenen Werte für Ambrosia aber auch für Beifuß für die zweite Septemberhälfte ohne Beispiel. Beide Pollenarten erreichten hier flächig hohe Belastungswerte und überraschten damit sicherlich nicht nur den Schreiber dieses Pollenbulletins. Weiter nach Westen und Süden verblasste die einrückende Pollenwolke etwas, hinterließ aber auch hier ihre Spuren, wie erste Rückmeldungen dortiger Pollenmessstationen zeigen. Nicht Bestandteil des späten „Pollensegens“ waren die Pollen der Gräser, der Brennnessel- und Gänsefußgewächse, des Ampfers und des Wegerichs. Diese verhielten sich weitestgehend „normal“ und flogen unbeständig in geringer Zahl. Hinzu kamen einzelne Pollen der Hanf- und Korbblütengewächse, oder auch mal der Knöterich-, Kreuzblüten- und Rötegewächse, des Efeus oder der Zypressengewächse. Die Sporen der Schimmelpilze zeigten sich während der kühlen Tage oft knauserig, meist wurden bei Alternaria und Cladosporium die Sporentyp-spezifischen Schwellenwerte zur möglichen Auslöse von Allergiesymptomen (deutlich) verfehlt. Erst die Rückkehr der Sommerluft am gestrigen Dienstag belebte den Sporenflug wieder und einzelne Stationen, wie Berlin, meldeten regen Sporenbetrieb in der Luft. Dabei kam es zumindest bei Alternaria zu markanten Überschreitungen der Warnschelle. Epicoccum-Sporen flogen ebenfalls, an allen trockenen Tagen wurden zumindest mittlere, teils auch knapp hohe Konzentrationen erreicht.
Der aktuell nach Deutschland eingezogene Altweibersommer hält noch bis zum Wochenende die Fahne hoch. Danach könnte von Westen her Tiefdruckeinfluss mäßigend auf Temperaturen und Sonnenschein einwirken. Durchziehende Pollenwolken sind bei anhaltendem Ostwind weiterhin nicht auszuschließen, können in den kommenden Tagen auch mal den Süden Deutschlands erreichen, sollten aber das „Spektakulär!“-Niveau (hoffentlich) alsbald verlassen.
Das Traubenkraut (lat. Ambrosia) hatte in dieser Saison bereits einige Trümpfe im Ärmel und wird zumindest für die Gebiete östlich der Elbe und für Teile Mitteldeutschlands rückblickend als das bisher bedeutendste Pollenjahr in die Messhistorie eingehen, egal was in den kommenden warmen und pollenflugtauglichen Tagen bis zum Wochenende noch dazukommt oder nicht. Die Ambrosiablüte hat jedenfalls ihren Zenit hierzulande und auch anderswo überschritten, so dass der Pollennachschub peu a peu nachlässt und auch mögliche Ferntransporte an Substanz verlieren. Bis einschließlich Sonntag besteht bei trockenwarmem Wetter allerdings weiterhin das Risiko, dass Ambrosiapollen aus Osteuropa nach Deutschland gelangen und hier die ortsüblich niedrigen Belastungen ein oder zwei Belastungsstufen nach oben schrauben. Ob dabei wieder der Nordosten Deutschlands bevorzugt beliefert wird, muss abgewartet werden. Momentan sieht es danach aus, als ob auch mal der Süden und die Mitte ein paar „Pollenkrumen“ abbekommen. Weitestgehend belastungsfreie Tage gehen dann in der neuen Woche mit den von Westen aufziehenden Regenfällen einher.
Der gebietsweise nochmals starke Beifußpollenflug (Artemisia) kam bzw. kommt, wie auch schon der vorherige, (Anfang September) wie Kai aus der Kiste und ist in dieser Form bisher einzigartig. Ein Teil der gemessenen Beifußpollen kann dabei immer noch heimischen Quellen entstammt sein, die durch das warme Spätsommerwetter reaktiviert wurden und neue Blütenstände hervorbrachten. Ein ganz überwiegender Teil der Pollen erreichte uns wahrscheinlich eher windgetrieben über Ferntransporte aus dem Osten Europas. Da die aktuelle, warme Ostwindwetterlage bis zum Sonntag anhält, können uns auch in den nächsten Tagen, zusätzlich zu den wenigen heimischen Pollen, weiterhin ferntransportierte Pollen aus diesen Regionen erreichen. Somit ist nicht auszuschließen, dass Beifußpollen zeitweilig (stark) belasten, wo ansonsten, aufgrund der Jahreszeit, normalerweise nur noch geringe Belastungen vorherrschen.
Die Gräser (Poaceae) zeigen auch unter dem aktuellen Spätsommerwetter kaum noch eine Regung. Ferntransporte treten hier nur unbedeutend in Erscheinung, da auch anderswo die Gräserblüte ihrem nahen Ende entgegensieht. Niedrige und für die allermeisten Betroffenen kaum wahrnehmbare Belastungen stehen entsprechend auf dem Warntableau. Wo noch das Schilfrohr (Phragmites) oder spätblühende Gräser Pollen abgeben, können die Belastungen lokal etwas höher liegen.
Für die Pollen der Brennnessel- (Urticaceae) und Gänsefußgewächse (Chenopodiaceae/Amaranthaceae), des Ampfers (Rumex) und des Wegerichs (Plantago) sind mangels bedeutsamen Pollenflugs keine Warnungen mehr nötig. Lokal kann sicherlich noch geringer Pollenflug auftreten, vor allem bei den Gänsefußgewächsen. In der Fläche ist allerdings eher sporadisch Pollen der genannten Pollenarten in der Luft.
Vereinzelt fliegen Pollen der Knöterich- (Polygonaceae) oder Rötegewächsen (Rubiaceae), des Efeus (Hedera), der Hanfgewächse (Cannabaceae), der Korbblütler (Asteraceae) und der Zypressengewächse (Cupressaceae). Aus blühenden Senffeldern (Sinapis) können Kreuzblütlerpollen (Brassicaceae) entweichen. Auch das Springkraut (Impatiens) oder weiteren insektenbestäubte Pflanzen krautiger Provenienz sind für das ein oder andere Pollenkorn in der Luft gut.
Der Sporenflug allergener Schimmelpilze kann sich unter entsprechenden Bedingungen auch spät im September noch hartnäckig zeigen. So sind Überschreitung der Sporentyp-spezifischen Schwellenwerte von Alternaria und Cladosporium speziell während der kommenden trockenwarmen Tage der Vorhersagewoche möglich. Auch wenn das nächstgelegene Maisfeld abgeerntet wird, kann es lokal mal kurzzeitig „rundgehen“ mit einem sprunghaften Anstieg der Sporenbelastung über die Hintergrundbelastung hinaus. Das mehrfache Überschreiten der Warnschwellen sollte aber die berühmte Ausnahme von der Regel bleiben. Epicoccum-Sporen fliegen in der Menge größtenteils gleichauf mit Alternaria, womit auch hohe Konzentrationen erreicht werden können. Pleospora sind weiterhin nur vereinzelt anzutreffen.
Matthias Werchan, 18.09.2024
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