Mittwoch, 29. Juli 2020 - Dienstag, 04. August 2020
Beifuß (Artemisia)
Hopfen (Humulus - Cannabaceae)
Ampfer (Rumex)
Brennnessel (Urtica)
Gänsefuß (Amaranthaceae)
Gräser (Poaceae)
Wegerich (Plantago)
Hauptbelastungszeit des Beifußes beginnt!
Das Hauptlos für mögliche Allergiebeschwerden hatten in den vergangenen Tagen diejenigen gezogen, die auf Pollen der Brennnesselgewächse oder auf Sporen von Schimmelpilzen reagieren, von denen (wieder mal) reichlich in der Luft waren. Für Beifußpollenallergiker gab es ebenfalls erste Preise zu gewinnen – Beifußpollen flog in den tiefer gelegenen Teilen Deutschlands stetig und in ansteigenden Konzentrationen, die gebietsweise das mittlere Belastungsniveau erreichten. Gräserpollenallergiker haben zwar auch keine Niete gezogen, mussten sich allerdings mit Trostpreisen in Form weiter abnehmender, schwacher bis maximal mäßiger Belastungen mit Gräserpollen begnügen. Baumpollenallergiker guckten mit ihren Allergien erwartungsgemäß sogar völlig in die Röhre – Baumpollen war und ist kein Thema mehr.
Das Hauptaugenmerk im Allergiegeschehen richtet sich in den kommenden Tagen immer mehr auf den Beifuß (Artemisia). Das Belastungsniveau durch diesen allergenen Windbestäuber steigt in warmer Sommerluft bis zum Wochenende auf ein verbreitet mäßiges, regional auch schon hohes Warnlevel. Etwas gemächlicher geht noch es in den Höhenlagen oberhalb von 800 m bis 1.000 m NN und auch ganz im Norden des Landes zu. Beifußpollen finden sich besonders zahlreich in den Morgen- und frühen Vormittagsstunden in der Luft, speziell in der Nähe zu den entsprechenden Quellen. Außerdem wird der Nordosten des Landes in allen Jahren stärker von Beifußpollen heimgesucht als der Südwesten. Beifuß ist kaum an einen bestimmten Landschaftstyp gebunden. Er wächst sowohl auf dem Land als auch inmitten großer Städte, bevorzugt in Ruderal- und Unkrautfluren, auf Ackerbrachen, auf Halden oder an Weg- und Waldrändern von den Küsten bis hinauf in die Hochlagen der Berge. Während Beifußpollen sich nun überall in der Luft breitmachen, bleiben die Pollen des Traubenkrauts (lat. Ambrosia) noch mehrheitlich in ihren Pollensäcken gebunden. Sehr lokal sind an Besiedlungsschwerpunkten bereits Ambrosia-Pollen in der Luft, ohne bereits wirklich überzeugend zu wirken. Für Betroffene sind daher kaum mehr als geringe Allergiebeschwerden zu erwarten. Bei den Gräsern (Poaceae) sind es meist spätblühende Arten, die jetzt noch zu messbarem Pollenflug führen. Teilweise kommt es nach einer Wiesenmahd auch zu einer schwachen Zweitblüte von Arten, die bereits in den Vorwochen aktiv waren. Insgesamt steht für die Tieflagen ein gleichbleibend schwaches bis teils mäßiges Belastungsniveau auf der Karte. Böse Überraschungen in Form hoher Belastungen oder einer plötzlichen Zunahme der Blühaktivität der Gräser sind zumindest in den Tieflandregionen nicht (mehr) zu erwarten. Die temperaturbedingt späte Blüte der Gräser in grünlandreichen Almregionen kühler Gebirgslagen hat eher lokal Auswirkungen und kann dort das unmittelbare Umfeld noch verstärkt mit Gräserpollen traktieren. Einzig das in Deutschland in großer Menge angebaute Kulturgras Mais (Zea mays) kann den Spaziergängern im Flachland, die die derzeit blühenden Felder passieren, Probleme bereiten. Bei etwas stärkerem Wind verbleibt eine genügend große Zahl der sehr großen und schlecht flugfähigen Maispollen in der Luft, um bei Gräserpollenallergikern sogar starke Reaktionen hervorzurufen. Beim Durchlaufen eines Maisfeldes fallen die Pollen durch das Berühren der Maispflanzen aus den Blütenständen von oben direkt auf die Betroffenen. Entsprechend sind heftige Allergiereaktionen möglich – also besser etwas Abstand zu einem Maisfeld halten. In einiger Entfernung zu den Feldern, speziell beim Aufenthalt in Wäldern oder in größeren Städten spielen Maispollen für Allergiker keine Rolle.
Wenn es rein nach den Zahlen geht, stehen die Pollen der Brennnesselgewächse (Urticaceae) mit Abstand ganz oben auf der Liste der häufigsten Pollen in der Luft. Der in Deutschland bekannteste Vertreter der Brennnesselgewächse, die Brennnessel (Urtica), blüht jetzt überall und überall zahlreich. Wir befinden uns inmitten der Zeit der saisonalen Höchststände des Pollenflugs. Damit sind in den kommenden Tagen weiterhin hohe Konzentrationen mit Brennnesselpollen in der Luft zu erwarten. Und auch wenn vermutlich nur ein geringer Anteil der Pollenallergiker auf Brennnesselpollen reagiert, sind Allergiereaktionen möglich. Der zweite etwas weniger bekannte Vertreter der Brennnesselgewächse, das wärmeliebende Glaskraut (Parietaria) hat eine hohe allergologische Relevanz, ist allerdings in Deutschland, anders als am Mittelmeer, noch nicht weit verbreitet. Nennenswerte Glaskrautvorkommen sind auf die Zentren und Ränder städtischer Wärmeinseln oder auf andere wärmebegünstigte Gegenden beschränkt. An diesen Orten mischen sich die Pollen der beiden genannten Gattungen. Der Anteil an Glaskrautpollen in der Luft kann allerdings nur vage anhand der Größe der Vorkommen dieser Gattung geschätzt werden. Eine Differenzierbarkeit am Mikroskop ist nicht möglich. Das zunehmend wärmere Klima fördert die Ausbreitung des Glaskrauts und vergrößert den Anteil an Glaskrautpollen in unseren Breiten.
Die Gänsefußgewächse/Fuchsschwanzgewächse (Chenopodiaceae/Amaranthaceae) blühen bereits seit einigen Wochen. Das Pollenflug-Niveau ändert sich dabei nicht grundlegend, auch nicht bis zum Ende dieses Vorhersagezeitraums. Mal gelangt dabei auf die Fläche gesehen etwas mehr, meist aber nur recht wenig Pollen in die Luft. Die höchsten Konzentrationen an Gänsefußpollen werden – wie so oft – in der Umgebung zu den blühenden Pflanzen angetroffen. Hier können die Pollenkonzentrationen das an unseren Messstellen ermittelte, recht geringe Konzentrationsniveau um ein Vielfaches übersteigen und bei Betroffenen Probleme verursachen. Pollen mancher Arten der Gänsefußgewächse können Ursache einer Pollenallergie sein. Insbesondere in ariden Gebieten (z.B. Südeuropa, Mittlerer Osten) spielen Allergien gegen Gänsefußgewächse eine (größere) Rolle. Zu den Gänsefußgewächsen zählen neben den Arten der namensgebenden Gattung Gänsefuß (Chenopodium) auch die Melden (Atriplex), der salztolerante Queller (Salicornia) und der sich in Ausbreitung befindliche Amaranth (Amaranthus). Pollen des wildwachsenden Hopfens (Humulus) wurden an zahlreichen Messstationen bereits registriert. Die Hauptblüte beginnt aktuell und führt zu vermehrtem Hopfenpollenflug, der in etwa das Niveau der Beifußblüte erreichen kann. Mit dabei sind die nur schwer von Hopfenpollen differenzierbaren Pollen des Hanfs (Cannabis). Die Pollen beider, den Hanfgewächsen (Cannabaceae) zugehörigen Gattungen werden meist als moderat allergen charakterisiert.
Als letzte Windbestäuber im Bund der Kräuterpollen sind Ampfer (Rumex) und Wegerich (Plantago) zu nennen. Ihr Pollen belastet unvermindert schwach bis maximal mäßig die Luft. Neben Grünland werden auch temporäre Brachen und Wegränder von diesen beiden Kräutergattungen besiedelt, wo dann auch die höchsten Pollenkonzentrationen angetroffen werden. Während die Gräser nach erfolgter Mahd meist nur eine schwache zweite Blüte hervorbringen, gelingt es Ampfer und Wegerich bis in den Spätsommer hinein Blüten in großer Zahl zu produzieren, entsprechend ändert sich am Pollenflug über einen langen Zeitraum nichts Grundlegendes.
Weitere Pollenarten, die in der aktuellen Vorhersagewoche in kleiner, teils zunehmender, teils abnehmender Zahl messbar sein können, stammen größtenteils von den zahllosen bunten Blüten insektenbestäubter Kräuterfamilien, insbesondere von diversen Arten der Korbblütler (Asteraceae), daneben von Doldenblütlern (Apiaceae), Raublattgewächsen wie dem Natternkopf (Echium) oder Knöterichgewächsen (Polygonaceae). Vereinzelt sind Pollen der Zypressengewächse (Cupressaceae), und von Linde (Tilia) und Esskastanie (Castanea) messbar.
Der Flug von Schimmelpilzsporen der beiden allergologisch bedeutsamen Gattungen Cladosporium oder Alternaria hat nun mehr oder weniger seinen alljährlichen Höhepunkt erreicht. Hier und da können aber auch in den nächsten Tagen neue Bestmarken gesetzt werden. Insbesondere dort, wo die Ernte größere Getreidebestände noch bevorsteht, mucken die Sporen ordentlich auf und können bei Betroffenen zu starken Allergiebeschwerden führen. Alternaria und Cladosporium entstammen in großer Zahl den Getreideanbauflächen. Beim Dreschen des Getreides werden die Sporen und Bruchstücke des Pilzmycels aufgewirbelt und belasten die Luft. Größere Schwankungen in den Belastungen sind dabei normal, je nach Ablauf der Getreideernte. Trockenwarme und windige Tage zeichnen sich dabei durch Spitzenkonzentrationen aus. In den Höhenlagen der Berge (oberhalb der Baumgrenze), in waldreichen Gegenden und an den Küsten bei Seewind sind die Belastungen schwächer. Die allergologisch relevante Sporengattung Epicoccum tritt gleichfalls in Erscheinung, kann sich aber in der reinen Zahl nicht annähernd gegen Alternaria oder Cladosporium durchsetzen.
Matthias Werchan, 29.07.2020
*** Wir danken der Allergopharma GmbH & Co. KG, der AstraZeneca GmbH und der GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG für das Sponsoring dieser Wochenpollenvorhersage. ***
Tägliche Pollenbelastungsvorhersagen der Gräser, des Beifußes und der Ambrosia für Deutschland finden Sie hier.
Tägliche Pollenkonzentrationsvorhersagen der Gräser, des Beifußes und der Ambrosia in der Luft in Europa finden Sie hier.
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