Mittwoch, 09. August 2023 - Dienstag, 15. August 2023
Beifuß (Artemisia)
Brennnesselgewächse (Urticaceae)
Gänsefußgewächse (Amaranthaceae/Chenopodiaceae)
Hopfen (Humulus - Cannabaceae)
Traubenkraut (Ambrosia)
Ampfer (Rumex)
Gräser (Poaceae)
Wegerich (Plantago)
Rushhour bei den Kräuterpollen – Beifußblüte erreicht Höhepunkt.
Während der ersten Augusttage war das Wetter klar auf Seiten der Pollenallergiker. Die ständig durchziehenden Regengebiete führten vielerorts zu längeren Unterbrechungen des Pollenflugs, wovon vor allem die windbestäubten Kräuter betroffen waren. So konnte der aktuell bei Allergikern hoch im Kurs stehende Beifuß kaum das Potential der reichlich vorhandenen und voll erblühten Blütenstände nutzen und verursachte mit seinen allergenen Pollen eher keine, geringe oder mittlere, statt häufig hoher Belastungen. Diese kamen zwar vor – ja es gab auch trockene Tage und sogar Sonnenschein – hielten allerdings nur kurz an. Insgesamt belegte der Beifuß Platz zwei im Pollenranking und trotz aller Widrigkeiten waren mehr Pollen unterwegs als in der Vorwoche. Dies gilt im Groben auch für die Brennnesselgewächse, die dank des reichlichen Nasses gut erholt dastehen und mit neuer Frische ansteigende Pollenkonzentrationen versuchten, was an trockenen Tagen auch recht flott gelang (hohe Pollenkonzentrationen). Die Brennnesselgewächse sind zu dieser Zeit im Jahr unangefochtener Platzhirsch unter den Pollen. Fast ausschließlich geringe Pollenkonzentrationen bescherten uns die anderen windbestäubten Kräuter, namentlich Ampfer, die Gänsefußfamilie, Hopfen und Wegerich. Ambrosiapollen standen außerhalb der Niederlausitzer Region nur sporadisch vor der Tür. Außer an lokalen Maispollen-Hotspots kam von den Gräsern in den letzten Tagen nichts Erwähnenswertes. Die allergenen Sporen taten sich ebenfalls schwer mit der Witterung. An regenreichen Tagen wurden die Betroffenen mit geringen Konzentrationen von Alternaria und Cladosporium belohnt. An trockenen Tagen entstand wiederum schnell Gedränge in der Luft und die Warnschwellen wurden bei beiden Sporentypen überschritten.
In den kommenden Tagen wechselt das Wetter in weiten Teilen Deutschlands von nasskühl auf feuchtwarm bis -heiß. Allerdings stehen uns zu Beginn der Vorhersagewoche auch mindestens zwei, drei trockene Tage bevor (im Süden auch mehr), die eine teils explosive Verstärkung des Pollen- und Sporenflugs auslösen werden. Dabei steht nun die maximal mögliche Palette windbestäubter Kräuterarten zur Pollenabgabe bereit.
Bevor die Kraft der Blüten wieder erlahmt, kann der Beifuß (Artemisia) an trockenen Tagen und in warmer Luft richtig loslegen. In dieser Vorhersagewoche ist damit in den meisten Gegenden der Höhepunkt des diesjährigen Beifußpollenflugs zu erwarten! Damit gehen vor allem im Norden und Osten recht verbreitet hohe Belastungen einher. Weiter im Süden und Südwesten, sowie in den höheren Berglagen sind geringe bis mittlere Belastungen häufig. In den Tieflagen kann es punktuell (im Umfeld größerer Beifußbestände) darüber hinausgehen. Die Pflanze bevorzugt es ungepflegt, ist daher häufig an Weg- und Grabenrändern, Baustellen und Bahndämmen, Brachflächen und Halden zu finden. Diese Orte sollten Betroffene möglichst nicht ansteuern, da die Belastungen besonders im Umfeld ausgedehnter Beifußbestände um Größenordnungen höher sein können als ein paar Ecken weiter. Häufig konzentriert sich zudem der Beifußpollenflug und damit die Zeit der größten Belastungen auf die Morgen- und Vormittagsstunden, während die Abendstunden oftmals Allergiker-freundlicher daherkommen.
Die Schwesterpflanze des Beifußes, das Traubenkraut (lat. Ambrosia), kann mit ihren ebenfalls allergenen Pollen auch und vor allem Beifußpollenallergiker über allergische Kreuzreaktionen betreffen. Allerdings kommt der Pollenflug der Ambrosia immer erst spät im Jahr in die Gänge (gegen Ende der Beifußblüte) und kann dann dort, wo umfangreiche Vorkommen existieren, die Intensität des Pollenflugs des Beifußes (weit) in den Schatten stellen. In den kommenden Tagen intensiviert sich die Blüte am deutschen Verbreitungsschwerpunkt im südöstlichen Brandenburg und vor allem dort stehen bei trocken-warmen Wetter nicht nur punktuell mittlere bis teils hohe Belastungen an. Mit etwas Wind kann der Pollen von dort verweht werden und Ambrosiapollenspuren in die umgebenden Landschaften ziehen. Im großen Rest des Landes bleiben flächige Belastungen aufgrund der zerstreuten Vorkommen dieser Art aus. Meist sind Ambrosiapollen sporadisch im Luftstaub vertreten und machen sich nur im Umfeld lokaler Bestände in der Luft und in der Nase wirklich bemerkbar. Diese lokalen Bestände sind besonders häufig in Bayern und Baden-Württemberg, im Umfeld des Rheins und stellenweise in Norddeutschland zu finden, häufig entlang von Straßen und Autobahnen, sowie auf Erdlagern.
Die Brennnesselgewächse (Urticaceae) bekommen nun noch einmal die Chance für ordentlichen Pollen-Output. In den kommenden Tagen sind bei länger trockenem Wetter verbreitet hohen Konzentrationen von Pollen dieser Pflanzenfamilie zu erwarten, die zumindest an einigen Messstellen als diesjährige saisonale Spitzenwerte in die Historie eingehen werden. Rekorde sind allerdings angesichts der fordernden Bedingungen im Frühsommer (lange Dürre) und der weiterhin recht unbeständigen Witterung nicht zu erwarten. Aber selbst nach zwischenzeitlichen Regenfällen und der Auswaschung von Pollen aus der Luft erholt sich der Pollenflug schnell wieder. Vor allem Brennnesseln (Urtica) lungern hierzulande überall rum, Glaskräuter (Parietaria) belassen es (noch) bei verstreuten Vorkommen in wärmebegünstigten Gegenden. Für diese Gattung aus dem europäischen Süden werden die Wachstumsbedingungen in Deutschland allerdings immer besser, womit in Zukunft Glaskrautpollen möglicherweise zu den häufigen Allergieauslösern im Land gehören könnten, zumindest auf regionaler Ebene.
Auch der Hopfen (Humulus) drückt nun auf die Tube und kommt angesichts der bevorstehenden Wärme im ganzen Land in maximale Blühlaune. Die weitverbreitete Art sorgt damit für rasch ansteigende Pollenkonzentrationen von anfangs geringen Werten oder sporadischem Auftreten hin zu Konzentrationen, wie sie auch der Beifuß erreicht. Lokal können durch die stark stäubenden Pflanzen deutlich sichtbare Pollenwolken in die Luft abgegeben werden, was man beim Beifuß vergeblich sucht. Diesen Pollenwolken sollten sich Betroffene mit Verdacht auf eine Sensibilisierung gegen Hopfenpollen besser nicht aussetzten, da hier die Hintergrundbelastung, die wir an unseren Messstellen ermitteln um ein Vielfaches übertroffen werden dürfte. Hopfenpollen wird hierzulande allergologisch wenig beachtet, gilt aber zumindest als potenziell allergen. In Südostasien wird häufig von Sensibilisierungen gegen Hopfenpollen berichtet. Er bevorzugt feuchte, stickstoffreiche Ränder von Gewässern, Wegen, Büschen und Wäldern, wo sich die Belastungsschwerpunkte ergeben.
An weiteren windbestäubten Kräutern sollen Gänsefußgewächse (Chenopodiaceae/ Amaranthaceae), Ampfer (Rumex) und Wegerich (Plantago) nicht vergessen werden. Insbesondere die Gänsefußgewächse haben aktuell ihre beste Zeit, auch wenn die gemessenen Pollenkonzentrationen nahezu beständig gering ausfallen. Punktuell ist aber auf jeden Fall mehr drin und es besteht ein gewisses Allergiesymptome-Potential. In Ländern des ariden Südens, z.B. im Nahen Osten, sind die dortigen Vertreter der Gänsefußgewächse wichtige Allergieauslöser. Der Pollenflug von Ampfer und Wegerich hält sich in den meisten Gebieten auf niedrigem Niveau, kann aber auch nochmals mittlere Werte erreichen.
Der Gräserpollenflug (Poaceae) wird nun vorwiegend von spätblühenden Arten der Marke Hundszahngras (Cynodon), Borstenhirse (Setaria), Reitgras (Calamagrostis) und bekannten Zweitblühern, wie dem Weidelgras (Lolium) bestimmt. Damit hält sich schwacher Gräserpollenflug der nur sehr wenige juckt. Da diese Arten auch mal größere Bestände bilden, kann bei Sonnenschein sehr lokal ein stärker spürbares Belastungslevel erreicht werden. Lokal sogar hohe Belastungen rufen die blühenden Maiskulturen (Zeamays) hervor, die ihre großen, schweren Gräserpollen an die unmittelbare Umgebung abgeben. Gräserpollenallergiker sollten daher aktuell keinesfalls das Innere eines Maisfelds betreten, da die Maispollen von der Blüte an der Spitze der Pflanze direkt von oben auf die Betroffenen herabrieseln. Mit etwas Abstand ist man aber schnell wieder „safe“.
Zu den oben genannten gesellen sich einzelne Pollen späthblühender, fremdländischer Lindenarten (Tilia) wie der Henrys Linde (T. henryana) und immer noch einzelne Pollen der großen Familie der Zypressengewächse (Cupressaceae). Zahlreich blühen weiterhin die unterschiedlichsten insektenbestäubten Kräuter. Daher können sporadisch auch Pollen von z.B. Natternkopf (Echium), diversen Korbblütlern (Asteraceae), Hahnenfußgewächsen (Ranunculaceae), Heidekrautgewächsen (Ericaceae) oder Doldenblütlern (Apiaceae) in unseren Pollenflugmessgeräten und auch überall sonst auftauchen. Deren allergene Relevanz ist aufgrund der sehr geringen Pollenzahl in der Luft in den meisten Fällen unbedeutend
Die Sporen allergener Schimmelpilze wurden durch die vielen Niederschläge der letzten Wochen immer wieder an der Ausbreitung gehindert, bzw. nach Belastungstagen schnell wieder aus der Luft entfernt. Das nun prognostizierte warme Wetter und die trockenen Tage bis mindestens Samstag, lassen den Sporenflug von Alternaria, Cladosporium und Epicoccum kräftig aufleben. Dabei ist gebietsweise von saisonalen Spitzenkonzentrationen auszugehen, speziell dort, wo es am längsten trocken bleibt. Das bedeutet dann hohe Sporenkonzentrationen teils (weit) über den bekannten Warnschwellen. Da auch Regenfälle mitspielen, können die Konzentrationen an den verschiedenen Tagen außerdem starken Schwankungen unterworfen sein.
Matthias Werchan, 09.08.2023
*** Wir danken der Allergopharma GmbH & Co. KG und der GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG für das Sponsoring dieser Wochenpollenvorhersage. ***
Tägliche Pollenbelastungsvorhersagen der Gräser, des Beifußes und des Traubenkrauts für Deutschland finden Sie hier. Tägliche Pollenkonzentrationsvorhersagen der Gräser und des Traubenkrauts in der Luft in Europa finden Sie hier.
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