Gräserpollen weiter im Rampenlicht – noch keine Aussicht auf nachhaltige Entspannung in Sicht.
In den letzten sieben Tagen ließ das Wetter nicht viele Fragen offen. Es ging überall sommerlich zu bei viel Sonne und hohen Temperaturen. Einige Regionen in der Landesmitte und im Südosten wurden anfangs von lokal kräftigen Schauern und Gewittern erreicht – für viele allerdings nur ein Tropfen auf den heißen Stein – sonst blieb es trocken und die Wetterbedingungen überaus Pollenflug-freundlich. Zunutze machten sich dies vor allem die Gräser, die bis auf regenbedingte Unterbrechungen oder spezielle Orte wie Meeresküsten, Inseln oder Hochlagen der Alpen, durchweg hoch belasteten. Im Zusammenhang mit Gewittern könnten bei manchem Pollenallergiker und -asthmatiker mit Gräserpollenallergie besonders starke Symptome aufgetreten sein – Stichwort: Gewitterasthma. Ansonsten blieb es in etwa beim Pollen-Mix der Vorwoche, wobei sich insbesondere der Pollenflug der Brennnesselgewächse weiter intensivierte und teils (in der Mitte, im Westen und Süden) bereits hohe Konzentrationen hervorbrachte. Außerdem flogen erste Pollen von Linde, Esskastanie und/oder Götterbaum. In der Osthälfte und in der Mitte standen auch Kieferpollen noch verhältnismäßig hoch im Kurs (stellenweise mit hohen Konzentrationen), hier dürfte (auch) viel alter, wiederaufgewirbelter Pollen dabei gewesen sein. Der Sporenflug von Alternaria und Cladosporium erreicht nach wie vor noch nicht die Sporentyp-eigenen Warnschwellen. Allerdings kamen mit den lokalen Regenfällen und aufgrund der fortschreitenden Saison allmählich mehr Sporen von Cladosporium in Umlauf.
Während der nächsten sieben Tage macht der Wind eine Drehung von Nordost auf Südwest und die Luft wird feuchtwarm, statt trockenwarm. Vorher erreichen die Osthälfte des Landes einige kräftige Schauer und können Natur und Mensch (Allergiker) lokal entlasten, später in der Woche ist dann voraussichtlich auch die Westhälfte und der Norden dran. Gehen die Schauer mit Blitz und Donner einher, besteht allerdings das Risiko von Gewitterasthma!
Vorrangiger Allergieverursacher bleibt bis zum Ende dieser Vorhersageperiode der Pollen der Gräser (Poaceae). Inzwischen ist jedoch der Zenit der Saison im Südwesten und Westen sehr wahrscheinlich erreicht und noch höhere Pollenkonzentrationen als bisher werden unwahrscheinlich. Auch in den Dürreregionen im Osten geht die Zeit der Höchstbelastung allmählich zu Ende, da die Gräser zum Teil mitten in der Blüte vertrocknet sind. In der Mitte, im Norden und in den höher gelegenen Regionen könnte es an trockenen Tagen nochmals „eine Schippe draufgeben“. So oder so bleiben die Belastungen mehr oder weniger überall hoch. Die jetzt (hoffentlich) häufigeren Regenschauer sorgen aber zumindest mal für eine kurzzeitige Unterbrechung des Gräserpollen-Dauerfeuers. Bei Gewittern bitte die ersten 10 bis 15 min des Regens abwarten und erst dann Fenster öffnen, sonst besteht ein gewisses Risiko für plötzlich stärkere Symptome durch das Gewitterasthma-Phänomen. Beim Roggen (Secale) ist die Luft raus und letzte Pollen verziehen sich in den äußersten Norden und in die höchstgelegenen Anbaugebiete. Belastungen sind daher in den allermeisten Gebieten keine mehr zu erwarten.
Pollen von Ampfer (Rumex) und Wegerich (Plantago) fliegen beständig unter Schwankungen in leichter bis mäßiger Konzentration. Auf Wiesen mit reichlich Kräuterbesatz sind punktuell auch hohe Pollenkonzentrationen möglich.
Die Pollen der Brennnesselgewächse (Urticaceae) streben allmählich Richtung Pole-Position im aktuellen Pollenrennen. Im Westen und Südwesten erreichen die hohen Pollenkonzentrationen bereits das Niveau der Gräserblüte, weiter nach Osten und Norden, sowie in den höheren Berglagen reicht es nur für Platz zwei und mittlere bis lokal vereinzelt hohe Pollenkonzentrationen. Diese werden hauptsächlich durch die Pollen der Brennnessel (Urtica) verursacht. Innerhalb städtischer Wärmeinseln oder anderen wärmebegünstigten Orten hat aber auch die ein oder andere Art der allergenen Glaskräuter (Parietaria) zu blühen begonnen und kann so zu einem geringen Anteil zum Pollenflug der Brennnesselgewächse beitragen.
Immer noch schwirren Kieferpollen (Pinus) von der weithin längst beendeten Kiefernblüte umher. Hohe Pollenkonzentrationen wie noch zuletzt dürften aber kaum mehr auftreten. Mäßiger Pollenflug bleibt vor allem im Osten und in den Bergen weiter möglich.
Die drei Baumpollenarten Linde (Tilia), Götterbaum (Ailanthus) und Esskastanie (Castanea) kommen erst jetzt so richtig zum Zug. Vielerorts haben die Bäume zu blühen begonnen oder stehen kurz davor. Messbarer Pollenflug ist vor allem in der Nähe zu den Quellen zu beobachten, wo auch hohe Konzentrationen möglich sind. Lindenpollen sind aufgrund der weiten Verbreitung von Linden (bevorzugter Straßenbaum) deutlich stetiger und flächiger in der Luft als die Pollen der Esskastanie, die recht selten gepflanzt wird und nur im Südwesten Deutschlands natürlicherweise vorkommt. Bei dieser Art kommen allerdings regelmäßig Ferntransporte von der Alpensüdseite vor, sofern die Windrichtung stimmt. Götterbaumpollen konzentrieren ihr Erscheinen vor allem auf die Zentren größerer Städte, dem bisherigen Verbreitungsschwerpunkt dieser Art. Lindenpollen kann bei einigen Menschen zu Sensibilisierungen und spürbaren allergischen Symptome führen. Pollen der Esskastanie kann in hohen Konzentrationen bei Birkenpollenallergikern zu gewissen Kreuzreaktionen führen. Götterbaumpollen gilt ebenfalls als allergen.
Die Holunderblüte (Sambucus) hält weiter an. Daher kann überall leichter Holunderpollenflug auftreten, der rund um die voll erblühten Büsche auch mittel bis stark ausfallen kann. Holunderpollen ruft in der Regel keine Allergien hervor. Sollten sich dennoch allergische Reaktionen entwickeln, verschwinden diese durch etwas Distanz zu den Pflanzen wieder.
Weitere Pollentypen die aktuell in meist mengenmäßig geringer Zahl auftreten, gehören zu Birke (Betula), Eiche (Quercus), Hanf – Hanfgewächsen (Cannabis – Cannabaceae), Liguster (Ligustrum), Robinie (Robinia), Rosskastanie (Aesculus), Sauergräsern (Cyperaceae), und zu Binsen- (Juncaceae), Hahnenfuß- (Ranunculaceae), Rosen- (Rosaceae) und Zypressengewächsen (Cupressaceae). Vereinzelt treten Kräuterpollen von Doldenblütlern (Apiaceae) und Korbblütlern (Asteraceae) auf. Auch erste Pollen der Windbestäuber Beifuß (Artemisia) und Gänsefußgewächse (Amaranthaceae/Chenopodiaceae) sind nicht völlig auszuschließen. Im nördlichen Mittelmeerraum kann noch etwas Olivenpollen (Olea) auftreten und reisende Eschenpollenallergiker über Kreuzreaktionen betreffen.
Bei den Sporen allergener Schimmelpilze steht insbesondere Cladosporium infolge häufigerer Regenfälle und den damit einhergehenden besseren Wachstumsbedingungen vor dem Erreichen und gelegentlichen Überschreiten der Sporentyp-spezifischen Warnschwelle, ab der bei den Betroffenen Symptome auftreten können. Alternaria und Epicoccum bleiben zwar weiterhin recht zahm, sind aber auch nicht mehr selten in der Luft. Pleospora spielen gar keine Rolle.
Matthias Werchan, 14.06.2023
*** Wir danken der Allergopharma GmbH & Co. KG und der GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG für das Sponsoring dieser Wochenpollenvorhersage. ***
Tägliche Pollenbelastungsvorhersagen der Gräser und des Roggen für Deutschland finden Sie hier. Tägliche Pollenkonzentrationsvorhersagen der Birke, Gräser und Olive in der Luft in Europa finden Sie hier.
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