Birke übergibt Staffelstab an die nächsten Aspiranten der Baumblüte – Gräser beginnen zu blühen
Die kühle Witterung der letzten Wochen setzte sich über das Aprilende hinaus in den Wonnemonat Mai fort. Die gebietsweise ergiebigen und wiederholten Niederschläge der zurückliegenden Tage machten dabei jegliche Gelüste der pollentragenden Pflanzen auf rekordhohe Pollenkonzentrationen zunichte. An trockenen und sonnenscheinreicheren Tagen konnte die Birke jedoch nochmals zulangen und belastete vorrangig Nord- und Mitteldeutschland, regional/lokal auch Gebiete im Südosten oder in den etwas höheren Lagen. Nur im direkten Küstenumfeld traten vereinzelt neue saisonale Spitzenkonzentrationen auf, die sich allerdings recht bescheiden gegenüber vorangegangenen Jahren ausnahmen. Den Belastungshöhepunkt bildete dabei der vergangene Mittwoch mit seinem frühlingshaften Charakter. An vielen Orten war dieser Tag auch für die Eschenpollenallergiker nochmals relevant, mit bis zu hohen Pollenkonzentrationen an einigen unserer Messstationen in Mittel- und Norddeutschland. Hier trat ebenfalls die Hainbuche in Erscheinung, die teilweise erst jetzt den Höhepunkt der Blüte erreichte, unter allerdings ungünstigen Pollenflugbedingungen. Vom Westen und Süden kommend hat sich die Blüte von Eiche, Rotbuche und Platane inzwischen bis in die Gebiete nordöstlich der Elbe vorgearbeitet. Außergewöhnliche Belastungen durch diese drei charakteristischen Vertreter der alljährlichen Baumpollensaison wurden in den vergangenen Tagen nicht gemeldet.
Für die jetzige Vorhersagewoche zeichnet sich, quasi als Muttertagsgeschenk, ein kurzes Gastspiel des Sommers ab. Dieses wird eingerahmt von Tagen mit kühler Luft und wiederholten, teils ergiebigen Regenfällen, die den Pollenflug in seine Schranken verweisen wird. Das Maximum des Pollenflugs während der nächsten sieben Tage wird also voraussichtlich am Sonntag/Montag erreicht.
Auch die längste Pollensaison endet irgendwann. Bei der Birke (Betula) ist dieses Ende zumindest nahe. In weiten Teilen des Landes ist die Mehrheit der Bäume abgeblüht. Die Belastungen speisen sich bis zum Ende der aktuellen Vorhersageperiode vorwiegend noch aus lokalen Quellen kühlerer Gebirgsgegenden, den küstennahen Regionen ganz im Norden des Landes und ferntransportierten Pollen aus den nördlichen und östlichen Nachbarländern. Unter diesen Umständen ist hierzulande ein schwaches (Südwesten) bis mäßiges Belastungsniveau während der Mehrzahl der Tage zu erwarten. Am Sonntag und Montag (im Osten) finden die Pollen gute Flugbedingungen vor, so dass dann hohe Belastungen einkalkuliert werden müssen, insbesondere in den verbleibenden, oben erwähnten Pollenquellgebieten und den umliegenden Gegenden.
Auch die Esche (Fraxinus) kennt jetzt nur noch den Weg nach unten, hin zu immer weiter abnehmenden Belastungen. Der größte Teil des Landes wird in den kommenden Tagen allenfalls schwach mit Eschenpollen belastet. Die verbliebenen Blührefugien, wie die mittleren Höhenlagen der Gebirge und das Küstenumfeld können lokal stärkere Belastungen für die Betroffenen hervorrufen, besonders im Zuge des Wärmeeinschubs am Sonntag/Montag. In Siedlungsbereichen trifft man hier und da auf die wärmeliebende Blumenesche (Fraxinus ornus), die nach unserer heimischen Esche (F. excelsior) blüht und nur angepflanzt vorkommt. Von ihr kann ebenfalls Eschenpollen entweichen. Die Mengen bleiben aber insgesamt überschaubar, da es sich nicht um eine windbestäubte Art handelt. Dennoch kann deren späte Blüte zu leichtem, „exotischem“ Eschenpollenflug führen.
Die Hainbuche (Carpinus) macht es der Birke nach. Bedeutsamer Pollenflug ist in den kommenden Tagen vorwiegend noch in den Gebirgsgegenden und im (äußersten) Norden und Osten möglich, vor allem zum vorhergesagten Sommertagsintermezzo. Hier können die Pollenkonzentrationen dann allergierelevante Höhen erklimmen (Mastjahr) und manchen Birkenpollenallergiker über Kreuzreaktionen betreffen. Der Rest des Landes hat es hinter sich, Hainbuchenpollen in der Luft wird hier mehrheitlich zur Randnotiz.
Was die Hainbuche nicht mehr kann, vermag nun die Rotbuche (Fagus) zu übernehmen. Mittlerweile blüht diese Baumart in vielen Gegenden des Südens und Westens. Selbst aus der Mitte Deutschlands, aus dem Berliner Raum und von den Küsten werden bereits Buchenpollen gemeldet. Hohe Pollenkonzentrationen sind in Mastjahren möglich. In den Jahren dazwischen bleibt der Buchenpollenflug verhalten oder fällt sogar ganz aus, wobei überregional Unterschiede bestehen können. Die relativ großen Buchenpollen haben außerdem nicht gerade die besten Flugeigenschaften und konzentrieren sich besonders auf die Gegenden mit (größeren) Buchenbeständen. Bisher sieht es nicht nach einem herausragenden Mastjahr aus. Daher soll an dieser Stelle nur auf die Möglichkeit des Vorhandenseins von Buchenpollen in der Luft hingewiesen werden. Die Eichenblüte (Quercus) steht im Westen und Süden Deutschlands vor ihrem Höhepunkt, im Osten und Norden hat sie an wärmebegünstigten Orten begonnen. Die Pollenflugtendenz ist dementsprechend aufwärtsgerichtet. Nach der starken Eichenblüte mit viel Blütenstaub im vergangenen Jahr steht in diesem Jahr höchstwahrscheinlich ein pflegeleichteres Programm an. Mäßige Belastungen mit Eichenpollen sind in weiten Gegenden von West- und Süddeutschland in den nächsten Tagen möglich. Nach Norden und Osten hin verstärken sich die sporadischen oder geringen Belastungen allmählich auf ein ebenfalls mäßiges Niveau. Fraglich ist noch, ob auch die Küstenanrainer und die Bewohner der höheren Mittelgebirgslagen bereits messbar Blütenstaub abbekommen. Am ehesten dürfte dafür der Sonntag und Montag infrage kommen. Sowohl Eichen- als auch Buchenpollen tragen Allergene in sich, die denen der Birke ähneln und können bei manchen Birkenpollenallergikern zu Kreuzreaktionen und daher zu Allergiebeschwerden führen.
Der Pollenausstoß der Platane (Platanus) hat nun in vielen Gemeinden Deutschlands eingesetzt. Ausgenommen sind bisher und wahrscheinlich auch in den kommenden Tagen die Platanenanpflanzungen in küstennahen Regionen und im Nordosten und Osten außerhalb größerer städtischer Wärmeinseln. Ansonsten steigen die Platanenpollen insbesondere den Bewohnern der Städte aufs Dach. (Hohe) Belastungsspitzen sind für den kommenden Sonntag und Montag (im Osten) zu erwarten. Die größten Pollenquellen, also die meisten Anpflanzungen dieser Baumart finden sich hauptsächlich innerhalb von Städten. Diese Baumart wird dort u.a. aufgrund ihrer Stadtklima-robusten Natur zunehmend gepflanzt. Platanen sind typische Stadtbäume und in der freien Natur nicht zu finden. Ferntransporte von Platanenpollen finden praktisch nicht statt. Deswegen ist nur dort, wo blühende Bäume stehen auch Platanenpollen in der Luft. Platanenpollen können Allergiesymptome auslösen. In Südeuropa führt diese Baumart zu zahlreichen klinisch relevanten Sensibilisierungen. Auch in Deutschland reagieren Menschen allergisch auf Platanenpollen. Darüber hinaus können nichtallergische Reaktionen durch feine Härchen, die bei der Blatt- und Samenentwicklung abfallen, zu gereizten Bronchien führen und Husten auslösen. Ein weiterer Baum der Städte und Dörfer ist die Rosskastanie (Aesculus). Auch die Pollen der Rosskastanie haben ein allergenes Potential, allerdings ist die abgesonderte Pollenmenge um eine Größenordnung geringer als bei der Platane (Windbestäubung vs. Insektenbestäubung), wodurch Allergiker eher von Platanen- als von Rosskastanienpollen betroffen sein dürften. Die Rosskastanienblüte hat begonnen aber noch nicht alle Regionen Deutschlands erreicht. Im Westen, Süden bis in die Mitte des Landes können blühende Rosskastanien angetroffen werden. Im Umfeld bereits erblühter Bäume sind niedrige bis mittlere Pollenkonzentrationen in der Luft möglich.
Den Gräsern (Poaceae) tun die vielen Niederschläge gut. Bei vielen Arten kann man praktisch „das Gras wachsen hören“. Die meisten Gräser befinden sich noch in der Phase des Schossens oder des Ähren-/Rispenschiebens. In ungemähtem Grünland und an Weg- und Grabenrändern zeigen sich in den kommenden Tagen jedoch mehr und mehr blühende Exemplare des auffälligen Wiesenfuchsschwanzes (Alopecurus). Auch Ruchgras (Anthoxanthum) und erste Knäuelgrasblüten (Dactylis) geben etwas Pollen ab. Insgesamt sehen wir insbesondere in den Flussniederungen im Westen und Süden ein zunehmendes Belastungsrisiko, zwar noch gering in der Fläche aber örtlich bereits stärker, je nach lokaler Artenzusammensetzung und Anzahl bereits blühbereiter Gräser. Eine Aufnahme in den Warnkatalog ist also ab jetzt gerechtfertigt. Auch weiter im Norden übergeben zeitige Vertreter der Gräserzunft lokal erste Pollen an die Luft.
In den Tieflagen stehen Fichte (Picea) und Tanne (Abies) nun vielerorts am Beginn ihrer Blüte. Deren sehr große Pollen sind auf dunklen Oberflächen sogar mit bloßem Auge einzeln als kleine gelbe Staubkörnchen sichtbar. In Jahren mit einer intensiven Fichtenblüte bilden sich zudem gelbliche Ablagerungen die sich wie ein Sedimentschleier über die Landschaft legen. Bisher sind nur wenige Fichtenpollen in unseren Pollenfallen aufgetaucht. Ob sich aus der Blüte noch etwas bedeutsames entwickelt, muss abgewartet werden. Gerade die Fichten haben bekanntermaßen in den letzten Jahren stark an Hitze und Trockenheit gelitten und sind in vielen Regionen Deutschlands großflächig abgestorben. So oder so bleibt der Pollenflug für Pollenallergiker harmlos. Eine dicke Wachschicht umhüllt die Pollenkörner und hindert sie beim Auftreffen auf die menschlichen Schleimhäute am Platzen. Etwaige Allergene im Pollenkorninneren haben somit keine Chance abgegeben zu werden.
Weiterhin gibt es einige blühende Weidenarten (Salix). Die Pollenkonzentrationen schwanken landesweit zwischen gering und lokal mäßig bis stark, je nach Artenzusammensetzung und dem jeweiligen Blühzeitpunkt der einzelnen Weidenarten in der Umgebung. Die Tendenz beim Pollenflug ist nach wie vor seitwärtsgerichtet.
Ein Meer gelber Rapsblüten (Brassica) überzieht die Felder in Deutschland. Nur vergleichsweise wenige Rapspollen entweichen den zahllosen Blüten, da sich der Raps auf die Insektenbestäubung spezialisiert hat. In der Nähe der Felder können die allergenen Rapspollen jedoch in solchen Konzentrationen auftreten, dass Betroffene (deutliche) Allergiesymptome verspüren. Die höchsten Chancen dafür bestehen am kommenden Sonntag und Montag aufgrund der vorhergesagten guten Pollenflugbedingungen.
Weitere Pollentypen die aktuell in mengenmäßig kleiner, teils zunehmender, teils abnehmender Zahl messbar sein können, gehören zu Ahorn (Acer), Ampfer (Rumex), Binsengewächsen (Juncaceae), Eibe (Taxus), Erle (Alnus), Lärche/Douglasie (Larix/Pseudotsuga), Maulbeerbaum (Morus), Pappel (Populus), Rosengewächsen (Rosaceae), Sanddorn (Hippophae), Sauergräsern (Cyperaceae), Spierstrauch (Spirea), Walnuss (Juglans), Wegerich (Plantago) und Zypressengewächsen (Cupressaceae).
Mit den Niederschlägen der vergangenen Tage hat es eine messbare Zunahme von Pleospora in der Luft gegeben. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass empfindliche Betroffene Symptome verspürt haben, die durch diese Sporen-Gattung ausgelöst wurden. Sporen der Gattung Pleospora können Allergien verursachen. Es wird vermutet, dass darauf auch diejenigen reagieren, die normalerweise auf Alternaria-Sporen reagieren. Die Zeit für signifikante Konzentrationen von sowohl Alternaria als auch Cladosporium und Epicoccum in der Außenluft ist noch nicht gekommen. Eine Bewarnung ist daher nicht nötig.
Matthias Werchan, 05.05.2021
*** Wir danken der AstraZeneca GmbH und der GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG für das Sponsoring dieser Wochenpollenvorhersage. ***
Tägliche Pollenbelastungsvorhersagen der Esche und der Birke für Deutschland finden Sie hier.
Tägliche Pollenkonzentrationsvorhersagen der Birke in der Luft in Europa finden Sie hier.
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