Mittwoch, 07. August 2024 - Dienstag, 13. August 2024
Beifuß (Artemisia)
Hopfen (Humulus - Cannabaceae)
Traubenkraut (Ambrosia)
Ampfer (Rumex)
Brennnesselgewächse (Urticaceae)
Gänsefußgewächse (Amaranthaceae/Chenopodiaceae)
Gräser (Poaceae)
Wegerich (Plantago)
Beim Pollenflug krautiger Pflanzen herrscht Rushhour!
Das Wetter der zurückliegenden Tage pendelte in gewohnter Sommermanier zwischen lauwarm und heiß und zwischen zeitweilig verregnet und eitel Sonnenschein hin und her. Trotz teils ergiebiger Regenfälle (speziell in der Mitte und im Süden) gab’s an den trockenen Tagen und in den regenarmen Regionen einiges an Pollen und Sporen zu holen. Besonders vehement blühte der Beifuß und dürfte gebietsweise, z.B. zum Monatswechsel im Nordosten des Landes, den oder einen diesjährigen Peak im Pollenflug herbeigeführt haben, inklusive hoher Belastungen. Anderenorts nahmen abseits des Regens zumindest die Pollenkonzentrationen zu und stellenweise wurde die Schwelle zur hohen Belastung erreicht. Oft, vor allem von der Mitte in den Süden, reichte es meist „nur“ für die mittlere Belastungsschwelle. Die Brennnesselgewächse heizten weiter fleißig ein und waren für weithin hohe Pollenkonzentrationen gut. Die beginnende Hopfenblüte erweckte den Pollenflug der Hanfgewächse zu neuem Leben. Zuletzt wurden dabei erstmal auch mittlere Pollenkonzentrationen erreicht, zumindest aber vielfach beständig geringe. In den Bergen und direkt an der See waren kaum Pollen dieses Typs unterwegs. Pollen von Ampfer, Wegerich und Gänsefußgewächsen begleiteten die zuvor genannten „krautigen“ Pollen in größtenteils geringer Zahl, wobei der Wegerich am aktivsten war. Ambrosiapollen mussten vorerst noch am Katzentisch sitzen und „beglückten“ außer der Niederlausitz fast keine anderen Orte – zumindest wurden an unseren Messstationen kaum irgendwo Pollen gesichtet, punktuell kann aus kleineren Beständen Pollen entwichen sein und die unmittelbare Umgebung dieser Orte belastet haben. Weitere Pollen krautiger Gewächse im Einzelanflug stammten von diversen insektenbestäubter Pflanzenfamilien. Aus der erlahmten Gräserblüte ließen sich selbst unter günstigsten Pollenflugbedingungen kaum mehr als geringe Pollenmengen herauskitzeln. Bei den allergenen Schimmelpilzen Alternaria und Cladosporium, herrschte das typische Auf und Ab im Sporenflug. Dabei erreichte vor allem Alternaria um den Monatswechsel herum nochmals sehr hohe Sporenkonzentrationen, teils mehr als 10-fach über dem Sporentyp-eigenen Schwellenwert. Nach Durchzug von Regengebieten beruhigte sich der Sporenflug in der Folge deutlich. Cladosporium legte keine allzu großen Sprünge hin – mal wurde der Sporentyp-eigene Schwellenwert überschritten (vor allem in der Nordhälfte) mal unterschritten. Epicoccum-Sporen waren in mittlerer bis vereinzelt hoher Konzentration in der Luft, besonders viel an Tagen, wo auch Alternaria überreichlich zugegen war.
Nach Abzug einer nur örtlich wetterintensiven Kaltfront am heutigen Mittwoch, geht ab dem Wochenende und verstärkt zum Wochenbeginn Heißluft in Stellung. Bevor am Dienstag, Mittwoch Atlantiktiefs die Hitze möglicherweise mit einem „Knall“ beenden, steht neben hoher Temperaturen reichlich Sonne auf dem Stundenplan. Dramaturgisch kommt die Sommerhitze nahezu perfekt, um den letzten Gipfel der diesjährigen Pollensaison – den Gipfel des Pollenflugs der krautigen Pflanzen – unter Dach und Fach zu bringen.
Der Beifußpollenflug (Artemisia) ist hierzulande bereits auf Gipfelniveau, kann gebietsweise (Nordwesten, Mitte) noch ein Schippchen drauflegen, wird im Großen und Ganzen aber keine allzu heftigen Aufwärtsbewegungen mehr zeigen. Damit sind in vielen Landesteilen mittlere bis hohe Belastungen mit Beifußpollen möglich, mit den höchsten Werten im Norden und Osten. Da Beifußpollen nur ungern größere Distanzen zurücklegen, können die Pollenkonzentrationen in der Nähe größerer Beifußbestände durchaus um einige Nummern höher ausfallen als ein paar Ecken weiter oder an den jeweiligen Pollenmessstellen der Region. Beifuß wächst nahezu überall, wo genügend Freiraum (Licht) ist und es etwas ruhiger zugeht (keine Mahd oder ähnliches), sowohl auf dem Land als auch in der Stadt. In der Fläche nur geringe Belastungen werden in geschlossenen Waldgebieten und in höheren Berglagen erwartet.
Das aus Nordamerika eingeschleppte Traubenkraut (lat. Ambrosia) blüht erst nach unseren heimischen Beifußarten richtig auf. Der Höhepunkt der Blütezeit liegt also noch vor uns. Ambrosiapollen können jedoch in den kommenden Tagen erstmals in diesem Jahr auch überregional (außerhalb des bedeutsamen Ambrosia-Verbreitungsschwerpunkts Niederlausitz) in geringer Zahl auftreten, z.B. in Teilen Berlins, Bayerns, Baden Württembergs und NRWs. Dort sind lokal kleine bis mittelgroße Bestände vorhanden, die bereits beginnen, Pollen freizusetzten. Mehrere trockene und warme Tage hintereinander sorgen dann für die entsprechende Verteilung dieser Pollen. In der Niederlausitz und drumherum sind Ambrosiapollen in geringer, mittlerer oder auch hoher Konzentration in der Luft. Fernflug von Ambrosiapollen aus stark mit Ambrosia befallenen Nachbarländern ist mit südlichen Winden ebenfalls möglich. Ambrosiapollen sind stark Allergie-auslösend und zählen in Nordamerika und seit einigen Jahren auch in Teilen Europas zu den allergologisch bedeutsamsten Pollentypen.
Der Gräserpollenflug (Poaceae) bleibt in etwa auf Vorwochenniveau. Gräserpollen werden im August nur noch von wenigen Arten produziert, sodass sich selbst bestes Pollenflugwetter kaum förderlich auf die umherfliegende Gräserpollenfracht auswirkt. Damit bleiben größtenteils geringe Belastungen übrig. Ein mittleres Belastungsniveau kann sich weiterhin auf Wiesen oder Wiesenabschnitten mit zahlreichen Spät- oder Zweitblühern, wie dem Hundszahngras (Cynodon) oder dem Weidelgras (Lolium) einstellen, sowie auf Almen in den Hochlagen der Alpen oder in der Umgebung blühender dekorativer Gräserarten (in Städten). Maispollen (Zea mays) belasten nur noch sehr selten die Luft. Die allermeisten Maisfelder sind inzwischen abgeblüht.
Die Brennnesselgewächse (Urticaceae) sind nach der ganzen „Blüherei“ in diesem Sommer schon etwas geschafft. Die kommenden sonnigen und warmen Tagen werden allerdings nochmal für dynamischen Pollenflug sorgen, mengenmäßig wahrscheinlich aber nicht mehr, oder nur noch vereinzelt, an vorherige saisonale Höchststände anschließen. So ist nach Abzug der aktuellen Niederschläge und bis zum Aufziehen eines möglichen Wetterwechsels nach dem Hitzepeak nahezu im ganzen Land mit hohen Pollenkonzentrationen zu rechnen. Einzig in hohen Berglagen oder an den Küsten bei Seewind ist der Pollenflug dünner. Da vor allem Brennnesseln (Urtica) hierzulande überall rumlungern, stammt das Gros der Pollen dieses Pollentyps von dieser Gattung. Glaskräuter (Parietaria) gehören ebenfalls zu den Brennnesselgewächsen, sind als mediterrane Gattung hierzulande aber auf wärmebegünstigten Lokalitäten beschränkt und tragen daher nur dort substanziell zum Pollenflug bei. Da sich die Wachstumsbedingungen in Deutschland für das Glaskraut stetig verbessern, könnte Glaskrautpollen auf kurz oder lang zu den relevanten Allergieauslösern im Land gehören. Die heimischen Brennnesselpollen gelten als allergologisch deutlich weniger auffällig als Glaskrautpollen, Allergien sind allerdings möglich.
Die Gänsefußgewächse (Chenopodiaceae/Amaranthaceae) sind auf ihrem Blühhöhepunkt. Ein deutlich erkennbarer Peak im Pollenflug wird sich jedoch nicht ausmachen lassen. Die Pollenkonzentrationen bleiben in der Fläche weiterhin größtenteils niedrig, können aber punktuell, wo größere Bestände dieser Pflanzenfamilie auftreten, ein solide mittleres Niveau erreichen. Pollen mancher Arten der Gänsefußgewächse sind nachweislich allergen und zählen zumindest in Ländern des ariden Südens, z.B. im Nahen Osten, zu den bedeutsamen Allergieauslösern.
Bei den Hanfgewächsen (Cannabaceae) geht es jetzt schnell. Innerhalb der nächsten warmen Tage werden überall in den Tieflagen die Pollen des heimischen Hopfens (Humulus) fliegen, mal schwach, mal mäßig und in der Umgebung der ausgiebig stäubenden männlichen Blüten auch mal stark. Damit kann bis zum Ende der aktuellen Vorhersageperiode örtlich bereits der alljährliche Gipfel des Hopfenpollenflugs erreicht werden. Dazu kommen ein paar der optisch sehr ähnlichen Pollen des Hanfs (Cannabis). Diese fallen angesichts der Menge an Hopfenpollen nicht weiter ins Gewicht, bzw. sind ein lokale Erscheinung im Angesicht blühender Nutzhanffelder oder wildwachsender Hanfpflanzen. Die beiden Gattungen Hopfen und Hanf bilden die beiden einzigen heimischen Vertreter der Familie der Hanfgewächse. Beide besitzen moderat allergene Pollen.
Ampfer (Rumex) und Wegerich (Plantago) bringen auch im Spätsommer und nach einer Mahd (reichlich) neue Blüten hervor. Daher setzt sich der Pollenflug in den nächsten Tagen schon wegen der oft hervorragenden Pollenflugbedingungen nahezu unvermindert fort und kann bis zu mittlere Pollenkonzentrationen in der Luft hervorrufen. Direkt auf wild blühenden Wiesen können die Werte sogar noch höher liegen. Bei Wegerichpollen wird in der Literatur über Kreuzreaktionen zu Gräserpollen berichtet. Allergiesymptome sind also möglich und können, müssen aber nicht zwangsläufig, Gräserpollenallergiker betreffen.
Weitere Pollenarten, die momentan in kleiner Zahl fliegen, gehören zu Binsen- (Juncaceae), Knöterich- (Polygonaceae) oder Rötegewächsen (Rubiaceae), Doldenblütlern (Apiaceae), Heidekrautgewächsen (Ericaceae), Korbblütlern (Asteraceae) oder Zypressengewächsen (Cupressaceae). Selten sind Pollen von Löwenzahn (Taraxacum – Cichorioideae), Kreuzblütlern (Brassicaceae) oder unzähligen weiteren insektenbestäubten Kräutern, wie dem Natternkopf (Echium) in der Luft.
Der Sporenflug der beiden allergologisch bedeutsamen Sporentypen Alternaria und Cladosporium setzt sich fort. Es kann im Zuge der bevorstehenden sonnigen und warmen Tage gerade bei Alternaria wieder zu weithin hohen Sporenkonzentrationen kommen, wobei auch das mehrfache Überschreiten des bekannten Schwellenwerts zur Auslöse von Allergiesymptomen möglich ist. Die alljährlichen Spitzenkonzentrationen liegen allerdings in den meisten Landesteilen hinter uns. Nur ganz im Norden und Nordwesten und in höher gelegenen Landwirtschaftsregionen ist noch Potential für höhere Peaks als zuvor gegeben. Cladosporium-Sporen können ebenfalls in Konzentrationen auftreten, die oberhalb des Sporentyp-eigenen Schwellenwertes liegen. Regionale Schwerpunkte sind dabei kaum auszumachen. Das mehrfache Überschreiten des Schwellenwerts ist nur vereinzelt zu erwarten. Die Sporen der Gattung Epicoccum sind regelmäßig in mittlerer und vereinzelt hoher Konzentration in der Luft. Zahlreiche weitere, potenziell allergologisch bedeutsame Sporentypen sind zu dieser Jahreszeit ebenfalls Bestandteil des Luftstaubs, werden allerdings von unseren Messstellen nicht systematisch erfasst. Pleospora-Sporen sind weiterhin nur sehr wenige in der Luft und daher ohne allergologische Signifikanz.
Matthias Werchan, 07.08.2024
Zur Wochenpollenvorhersage des PID für die Stadt Berlin gelangen Sie hier.
Tägliche Pollenbelastungsvorhersagen der Gräser, des Beifußes und des Traubenkrauts für Deutschland finden Sie hier. Tägliche Pollenkonzentrationsvorhersagen der Gräser, des Beifußes und des Traubenkrauts in der Luft in Europa finden Siehier.
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