Feucht und kühl = “Same procedure as every week” – Gräserpollen fliegen zögerlich mehr, Eiche dominiert.
Das wechselhafte und kühle Wetter der vergangenen Woche ließ Sonnenhungrige förmlich im Regen stehen, während es für Pollenallergiker kaum besser laufen konnte. Obwohl es durchaus einiges an Pollen freizusetzten gab, beispielsweise durch Eiche, Rotbuche, Platane oder Fichte, lässt sich konstatieren: Hohe Pollenbelastung – meist Fehlanzeige; Pollenferntransporte – Fehlanzeige; frühes Durchstarten der Gräserpollensaison – Fehlanzeige. Auch die Birken hierzulande sind mehrheitlich pleite – Birkenpollen war in weiten Landesteilen gänzlich aus der Luft verschwunden. Nur am vergangenen Freitag kam es an der Ostsee exklusiv auf der Insel Rügen und dem Darß zu einem letzten Aufbäumen und kurzzeitig hoher Pollenlast. Auch über Pfingsten legt das Wetter die gleiche Platte auf wie in den Vorwochen, mit den bekannten Protagonisten Regen, Gewittern und kühler Luft. Für Freunde des Sommers heißt es weiterhin: "Es hat nicht sollen sein." Viele Pollenallergiker werden dagegen die Show genießen und die relativ pollenarme Luft für Spaziergänge oder Sport im Freien nutzen können.
Der Birke (Betula) sollen an dieser Stelle letzte Worte zum Abschied mit auf den Weg gegeben werden. Die langanhaltende, aber schwache diesjährige Saison ist beendet. Wenn überhaupt, dann wird Birkenpollen noch sehr lokal in den Hochlagen der Berge (ab 1.000 m NN) eine Rolle spielen. Da häufige Niederschläge die Möglichkeit für eventuelle Ferntransporte aus Skandinavien minimieren, ist im Rest des Landes das Risiko für Symptome, die durch Birkenpollen ausgelöst werden, ausgestanden.
Die Eschenpollensaison (Fraxinus) ist im Prinzip ebenfalls vorüber. Allerdings können Betroffene in der Nähe zu Anpflanzungen der wärmeliebenden und auffällig weiß blühenden Blumenesche (F. ornus) leichtem Eschenpollenflug ausgesetzt sein, wodurch Symptomfreiheit bei Eschenpollenallergikern noch nicht für alle und überall ausgerufen werden kann.
Rotbuchen (Fagus) und Eichen (Quercus) blühen. Besonders im Norden, Osten und in den Berglagen der Mittelgebirge ist die Saison voll im Gange, wobei die Rotbuche dem Saisonende schon ein deutliches Stück näher gerückt ist als die Eiche. Hohe Buchenpollenkonzentrationen blieben bisher sehr rar. Eine Mastjahrsituation besteht also nicht. Auch die beständig wechselhafte Witterung reduziert die Intensität der Pollenbelastung, da die Zeitfenster mit guten Pollenflugbedingungen nur von kurzer Dauer sind. Daran wird sich in den kommenden Tagen weiterhin nichts ändern, wodurch der Buchenpollenflug meistenteils schwach bleibt oder, wie im Südwesten und Westen bereits endet. In sonnigen Abschnitten oder an trockenen Tagen kann jedoch die Eiche bis zum Ende der aktuellen Vorhersageperiode in weiten Teilen Deutschlands mäßig bis stark belasten. Besonders hohe Belastungen wie im Vorjahr sind bisher nicht zu verzeichnen, aber gänzlich kraftlos ist die diesjährige Saison auch nicht, trotz suboptimaler Pollenflugbedingungen. Daher sind – sollte es tatsächlich mal längere Zeit trocken bleiben – stärkere allergische Beschwerden durch die als allergen zu bewertenden Eichenpollen möglich (insbesondere im Norden, Osten und den mittleren Höhenlagen der Berge). Häufig sind Birkenpollenallergiker aufgrund der Kreuzreaktivität zwischen Birken- und Eichenpollen die Leidtragenden.
Die Gräser (Poaceae) sind bisher nicht sonderlich unangenehm aufgefallen. Die kühle Luft verlangsamt deren Wachstum und der häufige Regen toleriert nur wenig Gräserpollen in der Luft. Dennoch gedeihen viele Arten und finden gute Wachstumsbedingungen vor. Fehlende Feuchtigkeit ist dieses Jahr jedenfalls kein Problem. Aufgrund der anhaltend kühlen und wechselhaften Wetterlage schreitet die Gräserpollensaison nur gemächlich weiter voran – gut Ding will eben Weile haben. Ein zügiger Belastungsanstieg auf verbreitet mittlere bis hohe Werte in den Niederungen, wie Ende Mai durchaus üblich, wird wohl in den nächsten Tagen weiter ausbleiben. Stattdessen finden wir wechselnd schwache oder sporadische bis mittlere Belastungen vor mit den höheren Werten im Westen und Südwesten oder mit Sonnenschein am Pfingstmontag auch im Osten. Regional kann es an einem trockenen Tag auch mal bis an die Grenze zur hohen Belastung gehen. Ganz im Norden, in den Bergen innerhalb geschlossener Waldgebiete und generell an regenreichen Tagen geht es für die Gräserpollenallergiker weiterhin gut aus und die Allergiesymptome bleiben schwach oder sind noch gar nicht spürbar. Pollen des Roggens (Secale) wurden bisher nicht gemessen. Auch die Blütezeit des Roggens oder anderer Kulturgräser beginnt dieses Jahr spät. In den nächsten sieben Tagen sollte es in den mildesten Regionen für erste Roggenpollen oder Pollen anderer Kulturgräser in der Luft reichen, die aber kaum zu einer zusätzlichen Belastung von Gräserpollenallergikern führen dürften (zu feucht und wechselhaft).
Im Grünland und an Wegrändern gedeiht inzwischen reichlich Ampfer (Rumex) und Wegerich (Plantago). Die Blühbereitschaft ist lokal erreicht. Der Pollenflug verstetigt sich damit allmählich und geringe Belastungen durch diese beiden Kräuterpollenarten sind im Umfeld größerer Bestände in trockenen Witterungsphasen möglich. Wegerichpollen gilt als kreuzreaktiv zu Gräserpollen und hat dann bei entsprechender Sensibilisierung einen zusätzlichen Effekt auf die Symptomausprägung.
Die Platane (Platanus) belastet mit ihren allergenen Pollen in den kommenden Tagen mehrheitlich noch die Städte (und Dörfer) im Norden und Osten des Landes. Dort kann im Umfeld von Platanenalleen oder großen Plätzen und Parks mit vielen Platanen die Pollenlast hoch sein, immer vorausgesetzt, dass der Regen sich mal für längere Zeit verzieht. Anderswo (im Süden und Südwesten) ebbt der Platanenpollenflug bereits insgesamt deutlich ab und die Belastungen gehen bis zum Ende des aktuellen Vorhersagezeitraums größtenteils auf ein allergologisch unbedenkliches Niveau zurück. Die Rosskastanie (Aesculus) blüht überall in voller Pracht. In Parks und Alleen mit zahlreichen Rosskastanien können daher Pollen in bis zu mittlerer Konzentration auftreten, ansonsten fliegen nur gelegentlich Pollen dieser insektenbestäubten Art durch die Luft. Pollen der Rosskastanie wird ein Sensibilisierungsrisiko zugesprochen.
In den Tieflagen und ein Stück die Berge hinauf bis in mittlere Höhenlagen blühen Fichte (Picea) und Tanne (Abies) in größtenteils vergleichsweise geringer Intensität. Momentan deutet nichts auf ein Mastjahr bei der Fichte hin. Die Tanne spielt nur in den Gebirgsgegenden Süddeutschlands eine gewisse Rolle beim Pollenflug der Koniferen. Anderswo ist die Tanne und deren Pollen selten in größerer Zahl anzutreffen. Inzwischen hat in den klimatisch begünstigteren Regionen der Pollenflug der Kiefer (Pinus) eingesetzt und verstärkt sich in den kommenden Tagen weiter, bzw. erfasst allmählich weitere Gebiete des Tieflands bis hinauf in den kühlen Norden und Nordosten. Die Pollen der drei genannten Nadelbaumgattungen können unter Mastjahrbedingungen zum deutlich sichtbaren Phänomen des "Schwefelregens" führen. In den betroffenen Regionen bilden sich dann gelbliche Ablagerungen auf Pfützen, Autodächern, Fensterbänken oder anderen Flächen. Aufgrund ihrer Größe sind die Körner jedoch auch einzeln gut sichtbar auf glatten und dunklen Oberflächen. Allergiker haben vor Kiefern-, Fichten- oder Tannenpollen auch bei massenhaftem Auftreten nichts zu befürchten.
Die Zeit der Weidenpollen (Salix) geht ihrem Ende entgegen. Etwas Weidenpollen ist zwar noch messbar (bevorzugt in den Bergen durch den verzögerten Blühbeginn), Betroffene die Allergiesymptome durch Weidenpollen verspüren, können sich nun aber auf Beschwerdefreiheit einstellen. Fast zeitgleich mit dem Verschwinden der Weidenpollen tauchen erste Holunderpollen (Sambucus) auf; jetzt zu Beginn der Blüte zuerst im Westen und Südwesten der Republik. Ein geringer Anteil von Menschen kann auch auf die Pollen dieses Typs reagieren, wobei nur in der Nähe zu blühenden Büschen Holunderpollen zahlreich in Erscheinung tritt, ansonsten in nur geringer Konzentration umherfliegt.
Auf ca. 1 Million Hektar (Gesamtanbaufläche) blühen in Deutschland derzeit die Rapsfelder (Brassica). Die leuchtend gelben Blüten werden von Insekten und nicht vom Wind bestäubt. Aufgrund der großen Anzahl an Pflanzen und Blüten ist aber dennoch Rapspollen in geringer Zahl in der Luft. Je näher der Quelle, umso mehr Pollen kann es sein, so dass in der unmittelbaren Nähe zu den Feldern Rapspollen in ausreichender Zahl bereitstehen, um den Betroffenen (deutliche) Probleme zu machen, insbesondere an windigen und regenfreien Tagen.
Weitere Pollentypen die aktuell in mengenmäßig kleiner, teils zunehmender, teils abnehmender Zahl messbar sein können, gehören zu Ahorn (Acer), Binsengewächsen (Juncaceae), Doldenblütlern (Apiaceae), Hahnenfußgewächsen (Ranunculaceae), Heidekrautgewächse (Ericaceae), Mädesüß (Filipendula), Maulbeerbaum (Morus), Rosengewächsen (Rosaceae), Sauergräsern (Cyperaceae), Spierstrauch (Spirea), Walnuss (Juglans), und Zypressengewächsen (Cupressaceae). Die Erle (Alnus) feiert in den Höhenlagen der Alpen und des Schwarzwalds mit der Blüte der Grünerle (A. viridis) ein kleines Comeback mit lokalem Erlenpollenflug, nebst entsprechendem Allergierisiko.
Noch ist der Sporenflug bekannter allergener Sporentypen wie Alternaria und Cladosporium schwach. Allerdings hat Cladosporium nun die „Nulllinie“ verlassen und die Konzentrationen steigen an. Erste geringe Belastungen sind in längeren sonnigen Phasen möglich. Das feuchte Wetter fördert zudem die Gattung der Pleospora, die sich bevorzugt nach Regenfällen in der Luft zeigt und für geringe Belastungen sorgen.
Matthias Werchan, 19.05.2021
*** Wir danken der AstraZeneca GmbH und der GlaxoSmithKline GmbH & Co. KG für das Sponsoring dieser Wochenpollenvorhersage. ***
Tägliche Pollenbelastungsvorhersagen der Birke und der Gräser, sowie des Roggens für Deutschland finden Sie hier.
Tägliche Pollenkonzentrationsvorhersagen der Birke und der Gräser in der Luft in Europa finden Sie hier.
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