Mehr oder weniger im ganzen Land werden Allergiker nun durch die Pollen der (Süß-)Gräser (Poaceae) geplagt. Allerdings hielt das wechselhafte und immer noch recht kühle Wetter der vergangenen Tage die Pollenbürde vergleichsweise klein. Mäßige Belastungen traten bei Schönwetterperioden zwar verbreitet auf, in ländlichen Regionen waren diese tageweise auch schon hoch. Wer sich aber die vergangene Pollensaison ins Gedächtnis ruft, wird sich vermutlich daran erinnern, das 2018 im deutschlandweiten Mittel bereits Ende Mai – und damit so früh wie nie – das Maximum der Gräserpollensaison erreicht war. Der heutige Tag, also der 29. Mai war dabei im Jahr 2018, quer über alle Messstationen, der Tag der höchsten Gräserpollenbelastung im Land. Geschuldet war dies den extrem hohen Temperaturen in den Monaten April und Mai, auf die die Gräser mit raschem Wachstum reagierten. Hinzu kam damals die sich ausweitende Trockenheit in weiten Landesteilen, der die Gräser später im Sommer zunehmend „zum Opfer fielen“ und die kaum noch ein Wachstum und Blühen ermöglichte.
Mit der sich andeutenden Umstellung der Wetterlage wird nun vermehrt sommerliche Wärme nach Deutschland geführt. Die warme Frühsommerluft kurbelt das Wachstum der Gräser an, so dass dem „trödeligen“ Saisonstart nun der Spurt in die Hauptbelastungszeit folgen dürfte. Bis zum Ende des aktuellen Vorhersagezeitraums müssen sich Betroffene auf eine deutliche Zunahme ihrer Beschwerden einstellen. Hohe Belastungen dürften im Tiefland dann sehr verbreitet auftreten! Saisonale Spitzenwerte können nicht ausgeschlossen werden, treten aber vermutlich erst in der Folgewoche auf. Durchziehende Gewitter nach einer mehrtägigen Schönwetterperiode können zudem zum sogenannten „Gewitterasthma“ führen. Allergiesymptome und Symptome des allergischen Asthmas durch Gräserpollen treten dann kurzzeitig (zu Beginn des Gewitters) deutlich verstärkt auf. Generelle Linderung bringt Betroffenen ein Aufenthalt in Hochgebirgslagen oberhalb von etwa 1500 m NN oder an Meeresküsten bei auflandigem Wind und in geringerem Maße ein Aufenthalt innerhalb großer, stark versiegelter Ballungszentren mit häufig gemähten Grünanlagen, sowie das Innere dichter Waldgebiete. Zusätzlich zu den Wildgräsern blüht u.a. das Kulturgras Roggen (Secale) und belastet Gräserpollenallergiker zusätzlich (siehe Foto). Gleiches gilt auch für Kulturgräser wie Weizen (Triticum), Gerste (Hordeum) und andere. Die Pollen der Kulturgräser sind in der Regel recht groß, so dass deren Ausbreitungsvermögen limitiert ist. Sehr hohe Pollenkonzentrationen sind auf der windabgewandten Seite blühender Getreidefelder möglich, während umgebenden Regionen deutlich weniger zufliegt.
Die beiden Wiesenkräuter Ampfer (Rumex) und Wegerich (Plantago) blühen verbreitet. Die Pollenkonzentrationen in der Luft steigen allenfalls noch leicht an, bleiben anschließend aber über viele Wochen hinweg auf ungefähr dem gleichen, meist leichten bis mäßigen Niveau. Wegerichpollen gilt als kreuzreaktiv zu Gräserpollen und kann daher entsprechend Sensibilisierte zusätzlich reizen.
Gemächlich lassen es die Brennnesselgewächse (Urticaeae) angehen. Bisher blühen nur wenige Brennnesseln (Urtica) oder deren Verwandte, die Glaskräuter (Parietaria). Entsprechend sind nur sehr geringe Konzentrationen an Brennnesselpollen in der Luft. Der Trend zeigt nach oben, aber deutliche Veränderungen zur Vorwoche sind nicht zu erwarten. Erst ab Juli startet die Saison für gewöhnlich durch.
Rapspollen (Brassica napus) sind kaum noch in der Luft. Die Rapsfelder haben ihr gelbes Blütenkleid wieder abgelegt. Hier und da kann sich auf Anbauflächen der mittleren Höhenlagen noch die ein oder andere Blüte finden, ohne Auswirkungen auf Rapspollen-Sensibilisierte.
An Baumpollen hat zuletzt vor allem die Kiefer (Pinus) dominiert und mit ihren relativ großen Pollen für leichten „Schwefelregen“ gesorgt. Mit dem Begriff Schwefelregen werden die gelben Ränder auf Pfützen oder auf Seen oder die dünnen gelben Sedimentschichten auf glatten Oberflächen beschrieben. Das Phänomen trat allerdings in den beiden vorangegangenen Jahren fast überall deutlicher sichtbarer auf, gekoppelt an die damals weitaus höheren Pollenmengen in der Luft. Der Zenit der Kieferblüte ist, bis auf den äußersten Norden und Gebiete in den Hochlagen der Gebirge, überschritten. Auch die Fichte (Picea) blüht nur noch dort in den Hochlagen, wo das kühle Frühjahr die Blüte bis jetzt verzögert hat. Eine allergologische Bedeutung kommt den beiden genannten Koniferen-Gattungen nicht zu. Noch später im Jahr blühende Baumarten, wie Linde (Tilia) oder Esskastanie (Castanea), sind in den nächsten Tagen noch nicht startbereit.
Die großen weißen und duftenden Blütendolden der Holunderbüsche (Sambucus) „leuchten“ an immer mehr Orten. Holunderpollen, die bei einigen wenigen Pollenallergikern Symptome hervorrufen können, sind meist nur in der näheren Umgebung blühender Büsche in vergleichsweise hohe Zahl anzutreffen, weiter entfernt ist der Pollenflug dagegen schwach bis höchstens mäßig und unstet.
Weitere Pollenarten die noch, bereits oder weiter in kleiner Menge messbar sind, gehören vor allem zu Birke (Betula), Eiche (Quercus), Rosskastanie (Aesculus), Ahorn (Acer), Liguster (Ligustrum), zu Zypressengewächsen (Cupressaceae), Rosengewächsen (Rosaceae), Sauergräsern (Cyperaceae), und Doldenblütlern (Apiaceae). In den Alpenregionen führt die Blüte die dortigen Grünerlenbestände (Alnus viridis) zu Belastungen mit Erlenpollen, die lokal spürbar sein können.
Die Sporenzahl der beiden allergologisch wichtigen Schimmelpilz-Gattungen Alternaria und Cladosporium steigt und kann im Tiefland bei empfindlichen Schimmelpilzallergikern bereits Symptome hervorrufen. Hauptbelastungszeit mit den genannten Sporengattungen ist jedoch erst später im Jahr, zwischen Anfang Juli und Anfang September.
Matthias Werchan, 29.05.2019
Tägliche Pollenbelastungsvorhersagen der Birke und der Gräser für Deutschland finden Sie hier.
Tägliche Pollenkonzentrationsvorhersagen der Birke und der Gräser in der Luft in Europa finden Sie hier.
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