Pollenflucht im Urlaub

Patienten mit einer Pollenallergie wissen meist spätestens im zweiten Jahr der Beschwerden, wann am eigenen Wohnort die Zeit gekommen ist, in der ihr Pollenschnupfen den Aufenthalt im Freien zur Qual macht.

Es ist ein natürlicher Wunsch, in der betreffenden Pollenzeit im Urlaub an einen Ort zu fahren, der möglichst pollenfrei ist.

Um diesen Ort zu finden, muss man zunächst natürlich wissen, durch welche Pollen die Allergie ausgelöst wird. Dazu hilft Ihnen in Deutschland beispielsweise unsere wöchentliche Pollenflugvorhersage, die tägliche Pollenbelastungsvorhersage des Deutschen Wetterdienstes (basierend auf unseren gemessenen Pollendaten) oder die Benutzung der kostenlosen Pollen-App „Husteblume“. Dann können Sie selbst gut erkennen, wann welche Pollen fliegen, die bei Ihnen zu Beschwerden führen. Am besten bleibt aber ein Besuch bei einem Allergologen.

Ist man sich sicher, welche Pollen zu den Beschwerden führen, kann man unter Beachtung der Blütezeit, sowie der landschaftlichen und klimatischen Verhältnisse Orte finden, in denen die entsprechenden Pollen noch nicht, nicht mehr oder nie fliegen.

Diese Orte sollen besprochen werden.

Hohe See

Dies ist bei genügender Küstenferne ein Ort, bei dem der Begriff „Pollenfreiheit“ am ehesten zutrifft und der zu jeder Jahreszeit angenommen werden kann. Dies erfordert Seereisen.

Inseln

Die deutschen Nord- und Ostseeinseln gelten – allen voran Helgoland – als relativ „heuschnupfensicher“, weshalb sich auch der Deutsche Allergie- und Asthmabund e.V. (daab) hier im Jahre 1897 gründete; die älteste Patientenselbsthilfeorganisation in Deutschland.

Der Pollengehalt der Luft ist aber auf den Inseln stark von der herrschenden Windrichtung abhängig. Bei Landwind können unter Umständen große Pollenmengen vom Festland zu den Inseln transportiert werden, so dass die Beschwerdefreiheit also eng an die Windrichtung gebunden ist. Auf größeren Inseln kann auch der von den Pflanzen vor Ort produzierte und abgegebene Pollen signifikante Belastungen hervorrufen.

Küsten

Alle meernahen Küstenlandschaften sind bei auflandigem Wind (Seewind) pollenarm und daher empfehlenswert. Insbesondere der europäische Mittelmeerraum zeichnet sich küstennah durch eine geringe Belastung mit Gräser- und Birkenpollen aus; damit ist von April bis Juli eine Ausweichmöglichkeit für Gräser- und Birkenpollenallergiker gegeben. An der Schwarzmeerküste besteht eine ähnliche Vegetation wie in Mitteleuropa und aus dem gebirgigen Hinterland können bei ablandigem Wind erhebliche Pollenbelastungen durch Gräserpollen einsetzen. Durch die südlichere Lage setzt die Blütezeit allgemein früher ein als in Deutschland.

Hochgebirge

Die Pollenbelastung ist in Lagen oberhalb 2000 m Höhe und im alpinen Bereich in der Regel deutlich geringer und die Pollensaison kürzer. So dauert die Gräserblüte dort oben kaum länger als vier bis sechs Wochen (Tiefland über 10 Wochen), kann aber in dieser Zeit genauso intensiv wie in den Tieflagen sein (speziell auf Almwiesen). Baumpollen fliegen oberhalb der Baumgrenze in meist nur geringer Konzentration. Speziell die Belastungsspitzen fallen dort deutlich geringer als im Tiefland aus. Völlige Beschwerdefreiheit ist allerdings in den zentraleuropäischen Hochgebirgsregionen nicht zu erwarten, da Pollen bei entsprechenden Luftströmungen aus den benachbarten (Tiefland-)Regionen heraufgeweht werden können.  

Ausland/Übersee

Im fernen Ausland unterscheidet sich die Pflanzenwelt von der in Deutschland. Zudem können sich die Blühzeiten sehr unterscheiden, vor allem bei einer Reise auf die Südhemisphäre, so sind in Australien die höchsten Gräserpollenkonzentrationen etwa im November/Dezember zu erwarten, während die Belastungen in Deutschland meistens im Juni ihren Höhepunkt erreichen.

Bei längeren Aufenthalten kann zudem eine Sensibilisierung gegen neue Pollenarten nicht ausgeschlossen werden, weshalb bei einem erneuten Besuch ein oder zwei Jahre später auch dort Pollenbeschwerden eintreten können.

Binnenland

Im Binnenland lässt sich den Pollen nur schwer ausweichen. Am erfolgversprechendsten ist die Beachtung der Pollenflugzeiten (siehe Pollenflugkalender für Deutschland). So blühen die Bäume und Gräser im Landesinneren nordeuropäischer Länder generell später als in Deutschland.
Patienten mit einer Birkenpollenallergie können damit rechnen, dass im März die Hauptblüte südlich der Alpen, im April in Mitteleuropa und häufig erst im Mai in Nordeuropa und in den Gebirgen einsetzt.
Die Eschenblüte beginnt am Mittelmeer sogar schon mitten im Winter, erreicht Mitteleuropa aber erst Mitte oder Ende März.
Patienten mit einer Gräserpollenallergie müssen wissen, dass sie hierzulande mit hohen Pollenkonzentrationen zwischen Mitte Mai und Anfang Juli rechnen müssen, im Mittelmeerraum bereits ab Ende April und in Nordeuropa ab Anfang Juni bis in den späten Juli hinein.
Bei den Kräutern sind die Unterschiede nur marginal. Zu beachten ist, das Beifußpollenallergiker eher in Ost- und Südosteuropa auf hohe Pollenkonzentrationen treffen als in Westeuropa. Auch innerhalb Deutschlands ist der Nordosten des Landes stärker von Beifußpollen betroffen als der Südwesten.

Innerhalb Europas gibt es Regionen, die aufgrund ihrer biogeographischen Lage von bestimmten Pollenarten entweder verschont werden oder sogar stärker davon betroffen sind. So spielen beispielsweise Birkenpollen in Südwesteuropa (Südspanien und Portugal) im südlichen Mittelmeerraum und auf den Kanarischen Inseln praktisch keine Rolle, wohingegen die Pollenlast der Birke in Skandinavien und dem Baltikum höhere Werte annimmt als bei uns in Deutschland.

Betrachtet man dagegen Pollen anderer Baumarten, wie Eiche, Buche oder Platane gelten die skandinavischen Länder wiederum als deutlich weniger betroffen als Deutschland. Auch Kräuterpollen sind dort meist seltener in der Luft als hierzulande. Das allergene Glaskraut kommt in Skandinavien bisher gar nicht vor, ist aber in der Mittelmeerregion ein bedeutender Allergieauslöser.

http://www.polleninfo.org

Der „pollenarme“ Urlaub lässt sich unter Beachtung der botanischen und klimatischen Gesichtspunkte also durchaus planen, wenn man weiß, gegen welche Pollen man allergisch ist. Je nach Witterungsverlauf im entsprechenden Jahr unterliegen die Flugzeiten allergener Pollen großen jährlichen Schwankungen, weshalb alle angegebenen Zeiträume erhöhter oder niedriger Pollenkonzentrationen nur näherungsweise zutreffen.

Vorhersagen zum Pollenflug in Europa finden Sie beispielsweise hier.


Aktualisiert am 20.05.2021 durch Prof. Dr. med. Karl-Christian Bergmann und Matthias Werchan am 26.05.2021.


Quelle u.a.:

  • Bergmann, K-C. (1992). Heuschnupfen – Wenn Pollen krank machen (1.Auflage). Baierbrunn, Deutschland. Gesundheit in Wort & Bild.

 

 

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