Pollenassoziierte Nahrungsmittel-Allergien (OAS)

Vielen Pollenallergikern ist das Phänomen der sogenannten pollenassozierten Nahrungsmittel-Allergie (OAS) aus eigener Erfahrung bekannt. Bei gezielter Befragung geben zum Beispiel Birkenpollen-Allergiker an, daß sie nach dem Genuss von Äpfeln Juckreiz und ein pelziges Gefühl an den Lippen und am Gaumen verspüren. Diese Beschwerden, auch zusammengefaßt als "Orales Allergie-Syndrom" (OAS), treten nur nach Genuss von frischem Obst oder Gemüse (z. B. Möhren) und häufig nur bei gewissen Sorten auf. Als weitere Beschwerden, die durch die pollenassoziierte Nahrungsmittel-Allergie durch das Essen von Obst ausgelöst werden, sind zu nennen:

  • der allergische Schnupfen,
  • die allergische Bindehautentzündung,
  • das Quincke-Ödem,
  • Asthma
  • und Magen-Darmprobleme.

Diese Krankheitsbilder haben ihre Ursache in erster Linie in einer Pollenallergie. Da bestimmte Nahrungsmittelallergene mit Pollenallergenen verwandt sind, kann ein Pollenallergiker früher oder später auch mit Nahrungsmitteln reagieren. Nur ganz selten kommt eine solche Lebensmittelallergie auch bei Personen ohne Heuschnupfen vor; in der Regel ist sie eine Begleiterscheinung der Pollenallergie.

Dieses begründet sich zum einen auf die botanische Verwandtschaft zwischen den Pflanzen und den Nahrungsmitteln und zum anderen auf ähnliche Eiweißstrukturen in Pflanzenallergenen und botanisch eng verwandten Nahrungsmitteln aus dem Pflanzenbereich.

Gemeinsamkeiten zwischen Allergenen verschiedener pflanzlicher Bestandteile wie Pollen oder Früchten (Haselpollen – Haselnuss) konnten auf botanische Verwandtschaften zurückgeführt werden.

Pflanzen aus derselben botanischen Familie oder Ordnung besitzen häufig auch ähnlich kreuzreagierende Allergene.

Studien haben gezeigt, daß sich je nach Ursache der Pollen-Allergie typische Muster für die Ausbreitung der pollenassoziierten Nahrungsmittel-Allergie ergeben.

1. Birkenpollen und andere Baumpollen

Zwischen der Birke und den nachfolgend aufgeführten Bäumen besteht eine botanische Verwandtschaft.

  • Buche (Fagus)
  • Edelkastanie (Castanea)
  • Eiche (Quercus)
  • Erle (Alnus)
  • Hainbuche (Carpinus)
  • Hasel (Corylus)
  • Hopfenbuche (Ostrya)

Es kann deshalb vorkommen, dass Birkenpollen-Allergiker auch auf Pollen der oben aufgeführten "verwandten" Bäume allergisch reagieren. Man spricht hier von einer Kreuzreaktion.

Allergiker, die auf Baumpollen reagieren haben häufig Probleme mit rohem Stein- oder Kernobst:

  • Apfel
  • Aprikose
  • Birne
  • Kiwi
  • Kirsche
  • Maracuja
  • Pfirsich
  • und Pflaume

Als weitere Auslöser für Symptome sind

  • Mandeln und Nüsse, vor allem die Haselnuss,
  • einige rohe Gemüsesorten (Sellerie, Karotte)
  • und Gewürze (Paprika, Knoblauch, Anis, Currygewürz)

zu nennen.

2. Gräserpollen

Praktisch alle der (Süß)Gräser (Poaceae) kreuzreagieren untereinander, d. h., sie sind allergologisch zum Verwechseln ähnlich (auch mit den Getreiden). Allergologisch sind in Mitteleuropa einige Wiesengräser, aufgrund ihrer Häufigkeit und ihrer Pollenproduktion am wichtigsten. Dazu gehören u.a.:

  • Glatthafer (Arrhenatherum)
  • Knäuelgras (Dactylis)
  • Wiesenfuchsschwanz (Phleum)
  • Lolch (Lolium)
  • Fuschschwanz (Festuca)

Der wichtigste allergene Getreidepollen stammt vom Roggen (Secale).

Weniger oder nur lokal bedeutsam sind besipielsweise:

  • Schilf (Phragmites)
  • Mais (Zea)
  • Hundszahn (Cynodon)
  • oder Exoten wie Bambus (Bambusoideae) oder Chinaschilf (Miscanthus).

Allergiker, die auf Gräser- und Getreidepollen reagieren, können auf Getreide (Körner, Produkte) und Hülsenfrüchte reagieren. Zu den Hülsenfrüchten gehören:

  • Bohnen
  • Erbsen
  • Erdnüsse
  • Linsen
  • Soja

Darüberhinaus können auch beim Verzehr von Tomaten und seltener beim Genuss von

  • Currygewürz
  • Honigmelonen
  • Kartoffeln
  • Kiwi
  • Mangold
  • Spinat
  • Wassermelonen

Symptome auftreten.

3. Kräuterpollen

Bei Kräuterpollenallergikern überwiegt die Allergie gegen Beifußpollen. Der Beifuß gehört botanisch in die Gruppe der Korbblütler. Der Beifuß kreuzreagiert beispielsweise mit:

  • Chrysanthemen
  • Gerbera
  • Goldrute
  • Kamille
  • Margerite

Eine Beifußpollenallergie kann zu Problemen mit verschiedenen Nahrungsmitteln führen. Von Bedeutung sind hier verschiedene Gemüsesorten und Gewürze, z. B.: Anis, Artischocke, Basilikum, Currygewürz, Dill, Estragon, Fenchel, Karotte, Knollensellerie, Kümmel, Majoran, Muskatnuss, Oregano, Paprika, Petersilie, Pfeffer (weiß und schwarz), Pizzagewürz, Sonnenblumenkerne, Wermut.

In klinischen Untersuchungen wurde gezeigt, daß ein Teil der Patienten lediglich auf rohen Sellerie, ein anderer auf gekochten Sellerie und Stangensellerie allergisch reagiert. Das liegt daran, daß es ein hitzelabiles und ein hitzestabiles Sellerie-Allergen gibt.

Das hitzelabile Sellerie-Allergen findet sich vor allem im Knollensellerie und zeigt überwiegend Kreuzreaktionen mit Birkenpollen.

Das hitzestabile Allergen findet sich eher im Stangensellerie und zeigt Kreuzreaktionen mit Beifußpollen.

Der Sellerie-Allergiker, bei dem gleichzeitig eine Beifußpollenallergie vorliegt, muss sich also auch vor gekochtem Sellerie, zum Beispiel in Suppen und Saucen, in acht nehmen.

Wie das Beispiel der Sellerie-Allergene zeigt, gibt es aufgrund der Forschung mittlerweile regelrechte Steckbriefe für die verschiedenen Nahrungsmittel-Allergene, mit deren Hilfe man herausfinden kann, ob ein Allergen zum Beispiel durch Kochen zerstört werden kann. Diese Steckbriefe dienen Allergikern als praktische Hilfe für den Alltag.

Denn die genaue Kenntnis der Eigenschaften "ihrer" Nahrungsmittel-Allergene erlaubt den Betroffenen, trotz einer vorhandenen pollenassoziierten Nahrungsmittel-Allergie einen möglichst vielfältigen Speiseplan beizubehalten.

Zu den hitzelabilen Allergenen, die man durch mehr als dreiminütige Kochzeit entschärfen kann, gehören unter anderem die Allergene von einigen Gemüsesorten (Karotte) und von vielen Obstsorten, wie Apfel, Birne, Pfirsich, Aprikose. Diese Nahrungsmittel können zwar roh Probleme bereiten, werden aber in der Regel nach Erhitzen gut vertragen. Dies bedeutet, dass Apfel-Allergiker auch Apfelmus oder Apfelkompott als Alternativen auf ihren Speiseplan setzen können, wenn sie rohe Äpfel nicht vertragen.

Bei Apfel-Allergikern ergibt sich noch eine weitere Möglichkeit, frische Äpfel zu genießen. Wissenschaftliche Studien haben ergeben, dass der Allergengehalt eines Apfels und damit seine Gefährlichkeit für den Allergiker auch von der Sorte und vom Reifegrad des Apfels abhängt.

Die Sorten

  • Boskop
  • Gravensteiner
  • Altländer
  • Gloster

wurden zum Beispiel von einigen Allergikern besser vertragen.

Weniger vertragen wurden die Sorten:

  • Cox Orange
  • Golden Delicious
  • Granny Smith
  • Jonagold
  • Braeburn.

Ein Versuch mit einer anderen Apfelsorte lohnt sich also auf jeden Fall.

Andere Nahrungsmittel-Allergene wiederum sind auch nach längerer Kochzeit nur mit Vorsicht oder besser gar nicht zu genießen, weil sie hitzestabil sind, das heißt, ihre allergene Potenz läßt sich durch Erhitzen nicht zerstören.

Zu den hitzestabilen Nahrungsmittel-Allergenen gehören u. a.

  • Soja
  • Erdnuss
  • Haselnuss
  • andere Nüsse
  • Sellerie
  • einige Gewürze
  • und Senf.

Diese Stoffe sollte man bei vorhandener Allergie konsequent meiden. Hier lauert zudem eine Gefahr, da diese Stoffe oft als verdeckte Allergene in Nahrungsmittelzubereitungen (Fertiggerichte, Zusätze, etc.) auftauchen.

Kennt man die Steckbriefe der "Übeltäter", ist eine pollenassoziierte Nahrungsmittel-Allergie relativ gut in den Griff zu bekommen.

Quellenangaben

K.-Ch. Bergmann. Heuschnupfen - Wenn Pollen krank machen
Wort & Bild Verlag Baierbrunn, 1992

J. Heinze. Ernährung bei allergischem Asthma.
Promedico Verlag Hamburg, 1999.

O. Kohl, I.Vieluf, M.Hamm, D.Vieluf, C.Behr-Völtzer, J.Ring. Serie Diätempfehlungen bei Nahrungsmittelallergie
Folge 13: Diät bei pollenassoziierter Nahrungsmittelallergie.

Allergo Journal 1997: 6: 318-323.

B. Wüthrich. Nahrungsmittelallergien
Internist 1995: 36: 1052-1062